: Gesucht: Geheimdienst-Chef mit Parteibuch
■ Der Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz geht nach fünf Jahren in Rente
Hinter den Kulissen wird gerangelt, morgen jedoch erst einmal gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Während der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), Heinz Annußek, am Dienstag offiziell vom Regierenden Bürgermeister in den Ruhestand geschickt wird, streiten die Koalitionspartner um die Nachfolge an der Spitze des Geheimdienstes. Beim Verteilungskampf um den Spitzenposten gilt in der Großen Koalition ein ungeschriebenes Gesetz: Die SPD darf einen Kandidaten vorschlagen. Auf diese Weise hievte sie vor fünf Jahren ihr Parteimitglied Annußek auf den LfV-Chefsessel.
Jetzt jedoch schießt der christdemokratische Partner quer und möchte die Stelle am liebsten mit einem auswärtigen Bewerber besetzen. „Die Stadt“ brauche einen „Profi“, glaubt der CDU-Fraktionsgeschäftsführer Dieter Hapel.
Die SPD setzt auf Stallgeruch. In den letzten Tagen wurden in ihren Kreisen zwei Kandidaten mit Parteibuch ins Spiel gebracht. Zum einen der in der Senatskanzlei für den Verfassungsschutz verantwortliche Senatsrat Dieter Senoner, zum anderen die Leitende Kriminaldirektorin Ellen Karau.
Unklar ist, ob Diepgen in den nächsten Tagen eine Lösung für das Personalproblem finden wird. Daß es offenbleiben könnte, dafür sprechen die Querelen, die das LfV in Personalfragen in der Vergangenheit zwischen SPD und CDU ausgelöst hat. Argwöhnisch beobachten beide Seiten jeden Versuch, innerhalb des Geheimdienstes an Einfluß zu gewinnen.
So scheiterte im Januar 1993 Innensenator Dieter Heckelmann mit dem Plan, die von einem SPD- Mitglied geführte Öffentlichkeitsstelle des LfV aufzulösen und die Pressearbeit in seiner Dienststelle zu konzentrieren. Erst nach einer Intervention des damaligen SPD- Chefs Ditmar Staffelt rückte die Innenbehörde von ihrem Vorhaben ab.
Einigkeit herrscht zwischen den Koalitionären bislang nur in einem Punkt: Die Zuständigkeit über das LfV soll nach den Abgeordnetenhauswahlen am 22. Oktober wieder an den Innensenator zurückgehen. Diese war Heckelmann nach der Affäre um Kontakte seines Pressesprechers zu einem rechten Gesprächskreis entzogen worden. Severin Weiland
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