: Schüsse auf fliehende Zivilisten?
■ UNO kritisiert Kroaten-Armee / Zagreb wehrt sich / Fünf Tote in Sarajevo / Katholische Kirche in Banja Luka gesprengt
Zagreb (AFP/dpa/taz) – Bei einem Artillerieüberfall serbischer Truppen auf die bosnische Hauptstadt Sarajevo sind gestern nach UN-Erkenntnissen fünf Menschen getötet worden. Mindestens neun Menschen seien bei dem Angriff auf den Vorort Butmir in der Nähe des Flughafens schwer verletzt worden, teilte ein UN-Sprecher in Zagreb mit.
Die UNO berichtet außerdem von Übergriffen der kroatischen Armee auf serbische Zivilisten bei ihrer Offensive in Westslawonien. Soldaten hätten am Dienstag und Mittwoch auf eine Gruppe fliehender serbischer Zivilisten geschossen. Das hätten die Flüchtlinge UN-Vertretern in der bosnischen Stadt Banja Luka berichtet. Von zahlreichen Opfern sei die Rede gewesen, so der UN-Sprecher in der kroatischen Hauptstadt. Bestätigungen von unabhängiger Seite lägen zwar nicht vor, die Zeugenaussagen seien jedoch „vertrauenswürdig“. Das kroatische Außenministerium stritt diese Vorwürfe ab. Ein Sprecher sagte: „Die kroatische Armee hat niemals auf Zivilisten geschossen. Die UNO fällt auf die Propaganda herein, die jeden Abend im serbischen Fernsehen läuft.“
Die UNO teilte weiter mit, daß kroatische Truppen nahe Stara Gradiska zwei Hilfskonvois gestoppt haben. Mit den UN-Gütern sollten Serben versorgt werden, die nach Bosnien geflohen waren.
Im serbisch kontrollierten Banja Luka wurde gestern eine katholische Kirche in die Luft gesprengt. Auch in der Nähe der umkämpften Stadt Bihać wurde eine Kirche zerstört. Menschenrechtsorganisationen hatten sich schon am Samstag besorgt über die wachsenden Spannungen zwischen serbischen Flüchtlingen und kroatischen Einwohnern in Banja Luka geäußert. Rund 8.000 Serben sind seit Montag vor der Offensive der Kroaten in Westslawonien nach Banja Luka geflüchtet.
Die Lage an den Waffenstillstandslinien in Kroatien war am Wochenende „ruhig, aber gespannt“. Mit Ausnahme einiger sporadischer Feuergefechte, so ein UN-Sprecher in Zagreb, seien keine größeren Zusammenstöße registriert worden. Auch die Bewegungen von Panzern der jugoslawischen Armee an der kroatisch-serbischen Grenze bedeuten nach Einschätzung der UNO keine weitere Bedrohung für Kroatien. Ein Militärsprecher sagte, wenn es sich um die Vorbereitung einer bedeutsamen Operation handeln würde, wären die militärischen Bewegungen für die Nacht angesetzt worden. Dennoch hatten die Serben aus dem vom ihnen besetzten kroatischen Ostslawonien am Wochenende 3.000 Zivilisten evakuiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen