■ Standbild: Üben, Freunde, üben!
Neues Erotikmagazin „Peep!“, So., 22.15 Uhr, RTL 2
Jörg Wontorra legt seine schmutzigen Socken nie in den Wäschekorb und wurde mit 21 „defloriert“. Als junger Mann hieß er bei seinen Freunden „Mr. Teflon“, weil er „nichts anbrennen ließ“ (bruhaha!), aber als er geheiratet hat, war es damit vorbei. Im Bordell war er nie, weil ihm das zu teuer und er ein Geizkragen sei. Heike Makatsch fühlt sich von Playgirl nicht angemacht, kennt kein Patentrezpt, um jemanden ins Bett zu bekommen und hat auch sonst zum Thema Sex nicht viel zu sagen.
Wer mit zwei so faden Gästen eine Sendung zum Thema Sex machen soll, muß sich ganz schön was einfallen lassen. Oder so souverän wie Amanda Lear sein. Der Disco-Star aus den siebziger Jahren moderiert „Peep!“, eine neue „Erotik-Sendung“, mit der RTL2 offenbar „Liebe Sünde“ auf Pro7 und „Wa(h)re Liebe“ auf Vox Konkurrenz machen will. Üben, Freunde! Üben, üben, üben!
Amanda Lear hat in ihrer großen Zeit der Klatschpresse immer wieder Anlaß zum Spekulieren gegeben. War sie nun ein umoperierter Mann oder nicht? Hatte sie eine Affäre mit Salvatore Dali? Jetzt soll sie in „Peep!“ die sexuellen Geheimnisse von Prominenten lüften, aber da war nichts zu machen – mangels Masse bei ihren Gästen.
Frau Lear kann zwar nur bruchstückhaftes Deutsch und scheint ihre Fragen und Ansagen von einem Teleprompter hinter der Kamera abzulesen. Macht nix, „isch spresche mit meinem 'erzen“, sagt Amanda, bläst gekonnt Küßchen ins Publikum und schlägt sich auch sonst ganz ordentlich als Moderatorin.
Besser als die Studio-„Gespräche“ waren allerdings die Filme, unter anderem ein ziemlich gut gefilmter und geschnittener Beitrag über den Herausgeber der amerikanischen Arsch- &-Titten-Gazette Hustler, dessen Vita angeblich von Oliver Stone verfilmt werden soll. Eher voyeuristisch und außerdem sattsam bekannt dagegen die Moritat von John Wayne Bobbit, der von seiner Frau kastriert wurde und der jetzt in einem Porno mit dem Titel „Uncut“ Gelegenheit hat, sein wieder angenähtes „bestes Stück“ zu präsentieren.
Die einzige Methode, aus „Peep!“ ein interessantes Format zu machen, wäre es wahrscheinlich, wenn sich Frau Lear einfach selbst interviewen würde. Sie hätte zum Thema sicher den ein oder anderen Schwank auf Lager... Tilman Baumgärtel
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