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Deutsche Parteinahme für die Türkei

Frankfurter Rechtsanwalt will angeblich im Juni eine deutsche Türkenpartei gründen /Bisher scheint die Initiative eher nebulös /Wer steckt hinter dem Gründungskomitee?  ■ Aus Frankfurt/Main Franco Foraci

Nur beim türkischen Konsulat in Frankfurt am Main weiß man mit seinem Namen etwas anzufangen. Er sei – so ein Mitarbeiter der Informationsabteilung – ein geschätzter Jurist. Sedat Sezgin ist Rechtsanwalt und selbsternanntes Mitglied eines türkisch-deutschen Parteigründungskomitees, dessen angebliche Existenz gestern im Rhein-Main-Gebiet viele überraschte. Und das, obwohl einige Initiatoren aus Südhessen stammen sollen. Beim türkischen Volkshaus in Frankfurt am Main, dem örtlichen Einwandererzentrum und türkischen Vertretern der Volkshochschule ist der Mann völlig unbekannt. Auch nach intensiven Recherchen blieb unklar, wer sich dem Komitee zugehörig fühlt, das angeblich eine eigene Partei gründen will.

Nach Informationen der Deutschen Presseagentur will eine größere Anzahl von Deutschen türkischer Abstammung eine eigene Partei gründen. Sedat Sezgin, Anwalt in Frankfurt, fungiere als deren vorläufiger Sprecher und verkünde als vordringlichstes Ziel „die Schaffung eines Gegengewichts gegen allzu negative Kritik an der Türkei“. Ausländerpolitik von Türken in Deutschland könne nicht allein darin bestehen, aus Karrieregründen in deutschen Parteien „auf die Heimat zu schimpfen – wir wollen das ändern“.

Die Geschichte, die auch wegen einer Pressemitteilung des bündnisgrünen Bundestagsabgeordneten Cem Özdemir („Gründung einer Türkenpartei wäre ein falscher Schritt“) eine Medienlawine losgetreten hat, könnte sich als Ente erweisen. Senar Sargut, ein gut informierter Experte der türkischen Gemeinde von der Volkshochschule in Frankfurt, reagierte mit großer Verwunderung. „Davon hätte ich etwas erfahren müssen. Ich habe bisher nichts über eine solche Initiative gehört.“ Wer hinter Herrn Sezgin stecke, darüber könne er nur spekulieren. Aus dem Özdemir-Büro verlautete ähnlich, möglich wäre auch eine Verstrickung mit Hintermännern der türkischen Botschaft. „Vielleicht will die türkische Regierung damit einen Versuchsballon starten, um zu sehen, wie weit sie in der deutschen Innenpolitik mit ihrer Desinformationskampagne gehen kann.“

Sedat Sezgin jedenfalls bestätigte gegenüber der taz, für Anfang Juni sei eine konstituierende Versammlung geplant. Konkretes freilich war ihm nicht zu entlocken. Weder in bezug auf die Programmatik noch zu den Gründungsmitgliedern. Zum Programm sagte er nebulös: „Ich könnte dazu natürlich persönliche Vorstellungen wiedergeben. Der Gründungsparteitag soll entscheiden. Wir sind auf jeden Fall eine 100 Prozent demokratische Organisation.“

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