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Biobauern kommen

■ Westberliner Naturkostläden beziehen nur teilweise aus dem Umland / Ökomärkte sind das Tor für Brandenburger

Abenteuerspielplatz, Heimatkundemuseum, Therapieeinrichtung: das alles bieten biologisch arbeitende Landwirtschaftsbetriebe in Brandenburg den Berliner Großstadtmenschen an. So unterschiedlich wie die wirtschaftlichen Standbeine und die Zielgruppen sind auch die Vorgeschichten der brandenburgischen Alternativbetriebe. Da gibt es ehemalige LPGs (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften), die teilweise zu neuen Gesellschaften umgegründet wurden und sich nach alternativen Anbaumethoden umgesehen haben. Andere Bauern waren schon zu DDR-Zeiten selbständig. Höfe, die nur noch als Nebenerwerbsbetriebe lohnen, finden sich ebenso wie Projekte von Neubauern, die früher in ganz anderen Berufszweigen ihr Brot verdienten und erst in den letzten Jahren umgestiegen sind.

Der Gärtnerinnenhof in Blumberg, Kreis Barnim entstand aus einem ABM-Projekt für umqualifizierte Frauen. „Inzwischen ist der Betrieb privat und selbständig“ berichtet Giseltraut Sabeh. „Eine Erleichterung, aber kein voller Ausgleich“ für die Vermarktungsschwierigkeiten ist nach ihrer Meinung die Extensivierungsprämie von 300 Mark pro Hektar, die an LandwirtInnen bezahlt wird, die die Anbaudichte reduziert haben und so den Boden weniger stark beanspruchen. Durch den Verzicht auf viele Düngemittel wird auch der Wechsel der Fruchtfolgen wichtiger als bei konventionellem Anbau. „Ein Fünftel unserer Fläche ist jeweils in der Gründüngung“, erklärt Sabeh. Mit dem Anbau von Klee, Lupinen und anderen speziell geeigneten Pflanzen wird bei diesem Verfahren dem Boden auf natürliche Weise Stickstoff zugeführt.

Auch Biogemüse ist nicht frei von Schadstoffen

Ganz und gar frei von jedem Schadstoff können Stachelbeeren, Mangold, Hafer oder Salbei freilich kaum sein. Schon länger im Boden lagernde Schadstoffe oder Auswirkungen der Luftverschmutzung kann selbst der ökologisch korrekteste Bauer nicht ausschließen oder gar beseitigen – selbst wenn er wollte.

Neben bundesweit vertretenen Anbauverbänden, in denen biologisch arbeitende LandwirtInnen zusammengeschlossen sind, wie Bioland und Demeter, gibt es auch regional aktive Verbände. Der Biokreis Ostbayern produziert in der namensgebenden Region, beliefert aber auch Berlin. Naturkost aus allen Ecken der Republik an die Spree karren zu lassen ist bei Westberliner Bioläden noch verbreitet – ein Relikt aus Inselzeiten. Doch auch Gäa, 1989 in der DDR entstanden, findet mittlerweile Abnehmer in Berlin. Trotzdem: „Der Direktbezug vom Brandenburger Umland zu den Naturkostläden funktioniert noch nicht so, wie wir es uns wünschen“, schränkt Susan Elste vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) ein. Die Zeit der Umstellung sei vorbei, so Elste, die Bauern müßten nun voll ins Geschäft einsteigen. Deshalb unterstützt der BUND Brandenburgs Biolandwirte mit Ökomärkten in Pankow und im Wedding.

Überschaubare Strukturen mit kleinen Anbaugebieten und direkte Drähte zwischen Bauer und Händlerin tragen zur Verläßlichkeit in der Ökobranche bei. Mario Schulz, Geschäftsführer der Kormoran Naturwaren in Kreuzberg, kennt seine Lieferanten aus dem Biokreis Ostbayern und weiß: „Man kann anrufen, wenn die Wurst anders aussieht.“ Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser.

Das Klischee unansehnlicher Früchte, die vornehmlich von asketischen Gesundheitsaposteln gekauft werden, kann Georg Zielke, Bioland-Bauer aus dem Raum Seelow, nicht bestätigen: „Auch der Biokunde achtet darauf, daß der Apfel keine Made hat.“ Äußerlich sei der Unterschied zu konventioneller Handelsware kaum mehr zu sehen.

Nicht so konkurrenzfähig sind die Bioprodukte jedoch bei GroßabnehmerInnen, berichten Händler vom Ökomarkt auf dem Leopoldplatz. „Wir haben auch schon Kantinen beliefert, aber viele haben es wieder gelassen“, berichtet ein Landwirt. Beim Biogemüse sei der Aufwand beim Zubereiten eben doch noch größer als bei konventionellen Lieferungen. Die Mengen sind oft kleiner und schwanken stärker. Die ungespritzten Früchte sind in Größe und Haltbarkeit weniger einheitlich, so daß sie noch sortiert werden müssen. Auch scheinen es knapp kalkulierende Personalstellen nicht gern zu sehen, wenn die Beschäftigten in der Großküche erst noch Erdreste abbürsten müssen.

Die Nachfrage in Berlin ist größer als im Umland

Bei Bioland sind in Brandenburg momentan ungefähr fünfzig Betriebe angeschlossen, schätzt Georg Zielke. Berlin bietet ihnen einen guten Absatzmarkt, schon weil die Kaufkraft in der Stadt höher ist als in den wirtschaftlich leidenden Landstrichen. Außerdem krankt die Nachfrage in der Provinz immer noch daran, daß viele EinwohnerInnen private Bezugsquellen für Agrarprodukte haben.

Auch in Berlin gibt es Besonderheiten, die erst durch die Erfahrung erkannt wurden: „Viele Leute müssen erst eine Hemmschwelle überwinden, ehe sie in einen Bioladen gehen. Bei einem Stand auf dem Markt fällt es ihnen nicht so schwer“, weiß Thomas Adamiec, der seine direkt beim Erzeuger geholten Naturprodukte auf dem Ökomarkt am Leopoldplatz verkauft. Der Markt, der sich ganz dem Handel mit biologisch erzeugten Produkten widmet, bietet Adamiec Standortvorteile, die mit dem klischeegemäßen Unterschied zwischen Wedding und Schöneberg kaum in Einklang zu bringen sind. „Auf dem Winterfeldtmarkt hatte ich es als einziger Händler mit ökologischer Ware sehr schwer.“ Matthias Fink

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