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Nur noch ein bißchen Mordaufruf aus dem Iran

■ Die iranische Führung mildert die Morddrohungen gegen Salman Rushdie ein wenig ab / Seines Lebens ist der Autor der „Satanischen Verse“ dennoch nicht sicher

Dublin (taz) – Das Todesurteil gegen Salman Rushdie bleibt zwar bestehen, aber die iranische Regierung will die Sache nicht weiter verfolgen. Das berichtete gestern der britische Sunday Telegraph. Der iranische Ajatollah Chomeini hatte im Februar 1989 Rushdies Buch „Satanische Verse“ für gotteslästerlich erklärt und eine Fatwa, das Todesurteil, verhängt.

Der Telegraph beruft sich nun auf einen hochrangigen Teheraner Beamten, der gesagt habe: „Den theoretischen Aspekt der Fatwa kann man nicht anfechten, außer man will Selbstmord begehen. Aber die iranische Regierung wird niemanden mit einem Mordanschlag auf Rushdie beauftragen, das ist sicher.“ Außerdem werde seine Regierung alle im Ausland lebenden Muslime darauf hinweisen, daß sie sich an die Gesetze ihrer Gastländer halten müssen. Der iranische Präsident Haschemi Rafsandschani hatte bereits kürzlich während einer Indienreise erklärt, daß seine Regierung keine Todeskommandos losschicken werde. Sein Stellvertreter Mahmud Vaezi bestätigte das in einem Interview mit der englischsprachigen Zeitschrift Iran News. „Wir werden uns nicht in die innenpolitischen Angelegenheiten anderer Länder einmischen“, sagte er. Britische Muslime, die das Todesurteil bisher gerechtfertigt hatten, begrüßten die milderen Töne aus Teheran. „Die iranische Regierung muß einen Ausweg aus ihrem Dilemma finden“, sagte Kalim Siddiqui, Direktor des Islamischen Instituts in London, „sie muß normale Beziehungen zu den europäischen Ländern entwickeln“. Ein Sprecher des britischen Außenministeriums glaubt, Teheran wolle möglicherweise auf den französischen Vorschlag vom Januar eingehen und Rushdie zusichern, daß er sich in der Europäischen Union frei bewegen kann.

Frances D'Souza, die Direktorin der britischen Organisation „Article 19“, die sich für die Aufhebung des Todesurteils einsetzt, sagte: „Ich glaube, es kommt Bewegung in die Angelegenheit. Am wichtigsten ist es, eine hoffnungsvollere Tonart zu finden.“ Falls der Iran es ernst meine, müsse er belohnt werden, sagte sie. Carmel Bedford von „Article 19“ reagierte „verhalten optimistisch“ auf die Meldung. „Diese Rhetorik ist allerdings nicht neu“, sagte sie gestern zur taz, „welche Garantien gibt es denn für Rushdies Sicherheit?“ Interviews mit demselben Tenor habe es zur Genüge gegeben, sagte sie. Es sei an der Zeit für eine Erklärung einer iranischen Regierungsdelegation vor der EU. „In der vergangenen Woche hat uns die dänische Regierung zugesichert, das Thema beim Treffen der EU-Außenminister am 28. Mai in Brüssel auf die Tagesordnung zu setzen, falls die offizielle Erklärung aus Teheran weiter auf sich warten läßt“, sagte Bedford.

„Der offizielle Verzicht auf das Entsenden von Todesschwadronen heißt nicht, daß es keine inoffizielle Bedrohung mehr gibt“, meinte der Sprecher des Londoner Außenministeriums. Deshalb will man den Polizeischutz für Rushdie, der sich seit sechs Jahren in Großbritannien versteckt hält, aufrechterhalten. Frances D'Souza wies Behauptungen zurück, wonach die auf Rushdie angesetzten Mordkommandos in der Vergangenheit gar nicht aus dem Iran gekommen seien. „Wir wissen, daß sie dort herkamen“, sagte sie gestern. Ralf Sotscheck

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