„Die billigere, risikoärmere Lösung“

■ Graham Mac Ewen, Pressesprecher von Shell in Aberdeen, über die Kosten der Entsorgung und mögliche Gefahren für die Umwelt

taz: Wie sehen Shells Pläne für die Brent Spar aus?

Mac Ewen: Am Montag früh hat unser Mehrzweckschiff Stadive an der Brent Spar angelegt, um die letzten Vorbereitungen für die Versenkung der Insel zu treffen. Wegen des Sturms hat die Mannschaft die Spar noch nicht betreten, sie wartet die Situation vorerst auf der Stadive ab.

Sieht Shell die Versenkung als Lösung für die Zukunft? Immerhin schwimmen im Brent-Ölfeld über 30 Bohrinseln herum ...

Brent Spar ist doch gar kein Präzedenzfall, sondern eine einmalige Angelegenheit. Es handelt sich dabei nicht um eine Ölbohrinsel, sondern um eine Versorgungsstation, wo die Schiffe aus dem Brent-Ölfeld auftanken konnten. Außerdem enthält die Insel sechs Tanks, in denen bis zu 300.000 Barrel Öl gelagert wurden. Die Tanks sind jetzt mit Meerwasser gefüllt. Nur sehr wenige Einrichtungen dieser Art werden im Meer versenkt. Darüber hinaus muß die Regierung in jedem einzelnen Fall ihre Genehmigung geben. In den USA hat man die Inseln auch nicht zerlegt, wie Greenpeace behauptet hat, sondern man hat 95 Ölbohrinseln im Golf von Mexiko versenkt und ein künstliches Riff geschaffen. Ein Teil des Geldes, das man damit gespart hat, ist in einen Fonds zum Schutz der Umwelt eingezahlt worden.

Man kann also davon ausgehen, daß Shell nach der Versenkung der Brent Spar einen Teil der 34 Millionen Pfund, die das Unternehmen dadurch einspart, in einen Umweltfonds stecken wird?

Nein. Es war ja die US-Regierung, die den Fonds gegründet hat. Für ein einzelnes Unternehmen ist das schwierig.

Warum ist zerlegen teurer als versenken?

Eine Zerlegung würde eine technisch sehr aufwendige Operation erfordern. Die Insel, die jetzt vertikal im Meer steht, müßte in die Horizontale gebracht werden. Insgesamt wären 360.000 Arbeitsstunden nötig, bei der Versenkung jedoch nur 52.000. Außerdem ist das Risiko für die Arbeiter sehr viel geringer.

Und für die Umwelt? Welche Schadstoffe befinden sich denn auf der Insel?

Wir sind da ganz offen: Die Werte, die Greenpeace veröffentlicht hat, sind korrekt, weil die Organisation die Zahlen von uns bekommen hat. Es handelt sich um rund hundert Tonnen ölhaltigen Schlamms, der auch einige Schwermetalle enthält. Außerdem Salze aus geologischen Formationen mit natürlicher Radioaktivität, vergleichbar mit der Niedrigstrahlung von Granitgestein. Die Belastung ist ungefähr so groß, als wenn man einmal die Hauptstraße von Aberdeen hinuntergeht.

Und was ist mit den PCBs? Warum wurden die überhaupt noch benutzt, obwohl es umweltverträglichere Alternativen gibt?

Brent Spar ist ja schon in den siebziger Jahren in Betrieb genommen worden. Außerdem versuchen wir, so viel wie möglich von den PCBs vor der Versenkung zu entfernen. Das wird etwa drei Wochen in Anspruch nehmen. Aber wir können mit der Arbeit natürlich erst beginnen, wenn Greenpeace die Insel geräumt hat.

Befürchten Sie, daß Greenpeace zum Boykott von Shell aufrufen könnte?

Das hat die Organisation früher auch schon getan, ohne daß es Auswirkungen gezeigt hätte.

Wenn die Versenkung der Brent Spar so ungefährlich ist, wie Sie sagen, könnte ich ja eigentlich auch mein altes Auto in den Fluß fahren ...

Das kann man nicht vergleichen. Wir haben drei Jahre lang Untersuchungen angestellt, es wurden 15 Berichte angefertigt, auch von unabhängigen Organisationen. Das Ergebnis war, daß die Umweltbelastung bei Zerlegung genausogroß ist wie bei Versenkung. Schließlich müßte man die Schadstoffe bei einer Zerlegung entsorgen. Das wäre teurer und gefährlicher. Die Versenkung ist nicht nur die billigere, sondern auch risikoärmere Lösung. Interview: Ralf Sotscheck