■ Urdrüs wahre Kolumne: Die Kuschelfront
Wer in diesen Tagen den arrivierten Teil des bremischen Viertel-Milieus an den Gestaden der neuen Prächtigkeit des Café Sand erlebt, der kann es massenhaft beobachten, das inflationäre KÜSSCHEN HIER & KÜSSCHEN DA-SPIEL der Haushaltsvorstände ab BAT IIa aufwärts.
Und so wird es denn wohl auch hierzulande zu Empfehlungen kommen, wie sie die Grünen in Great Britain zum Thema „politisch korrekte Umarmung“ erlassen haben: ER legt seine Hand auf die Schultern. SIE nimt dies als Zeichen für den Wunsch nach korrekter Umarmung und legt ihre Hände auf seine Schultern. Dann bleiben beide stehen, schauen sich mit einem Lächeln in die Augen. Vorstandsmitglied Miriam Kennet dazu: „Eine grüne Umarmung läßt spüren: Wir arbeiten zusammen. Ich möchte dich unterstützen, und ich möchte, daß Du mich unterstützt.“ Zwischen den Oberkörpern müsse ein Abstand bleiben. Na sicher das!
Auch der Nachwuchs bekennt sich zunehmend zur Kuschelfront. Und so veranstaltet Pastorin Ute Kalmbach im niedersächsischen Kirchdorf Familiengottesdienste, bei denen ein jegliches Gotteskind seinen Teddy mitbringen darf. Nun beschäftigt uns nicht so sehr die Frage, ob die Mitnahme eines solchen Knuddeltiers schon mal ernstlich untersagt wurde, sondern das Problem, ob ein sensibler Teddy es verkraften kann, wenn die Böhsen Onkelz Motsch- und Huntemann ihre Thron- und Altar-Theologie verbreiten. Winnie Puh war und ist schließlich ausgemachter Anachrist mit sündhafter Neigung zu hedonistischen Vergnügungen ohne jede Bußfertigkeit. Stimmen Sie das bitte vorher mit Ihrem Teddy-Therapeuten ab!
Zum Bettelmann der Woche möchte ich jenen Herrn ernennen, der am Haptbahnhof zu Hannover ans freundliche Geberherz mit dem handgeschriebenen Hinweise appelliert: „Wenn Sie was geben wollen, geben Sie sofort, bevor ich hier weggejagt werde.“ Kann man die Kritik an der Aktion Sauberer Bahnhof treffender formulieren?
Nestbeschmutzung nennt es Polizeipersonalratsvorsitzender Wolfgang Claußen, daß der Oldenburger Regierungspräsident Bernd Theilen ein Alkoholverbot für Polizeidiensträume in der Kohl & Gülle-Provinz durchsetzen will und kündigt „offiziell die Zusammenarbeit bei diesem Thema auf“. Da ich persönlich keinen einzigen Oldenburger Bullizisten kenne, der kein praktizierender Alkoholiker wäre, sei an dieser Stelle der Herr Regierungspräsident an die möglicherweise fatalen Folgen erinnert, die entstehen können, wenn ein gestandener Spiegeltrinker im Entzugs-Delir zur Dienstwaffe greift. Der Zustand der alkoholfreien Zone Polizeirevier wäre hinterher mit dem Begriff „Nestbeschmutzung“ wohl nur unzureichend beschrieben und am Ende müssen be- und getroffene Kollegen sich auch noch dienstkrank melden.
Wird der Dredsner Fußballpräsident Otto demnächst beim SV Werder aktiv? Hinweise auf ein Tätigwerden des umtriebigen Baulöwen in Bremen liefert eine illustrierte Anzeige der Firma AWEKA-Projecte, die Ladenlokale an der Schevermoorer Landstraße errichtet und im Immobilienteil des Weserkurier mit dem Slogan feilhält “Noch 4 Shops's frei“. Wenn dieses „Project“ nicht ostzonaler Herkunft ist, würden ja nun wirklich alle Erkenntnisse der Apostroph-Forschung“ in Frage gestellt.
Ulrich Reineking etc.
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