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Rekorde, Zoff und Bauwochen

■ Die Senatsverwaltung für Bauwesen freut sich über die Besuchermassen / Greenpeace kritisiert die Baupolitik

Eine Rekordbeteiligung konnte die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen bei den diesjährigen 13. Bauwochen verzeichnen: Über 100.000 BerlinerInnen und auswärtige Gäste zog es von 5. bis 17. Mai auf die 24 Baustellen, städtebaulichen Rundfahrten, Rundgänge und die verschiedenen Ausstellungen.

Doch das Spektakel bot auch Anlaß zu Kritik an der gegenwärtigen Baupolitik des Senats. Carsten Körnig, Klimaschutzexperte bei Greenpeace, hält die Veranstaltung für Augenwischerei gegenüber der Öffentlichkeit. Während die Veranstalter vollmundig Umweltschutz am Bau propagierten, sei die tatsächliche Umweltbilanz bei öffentlichen Bauvorhaben verheerend. „Im Familiengericht und im Preußischen Landtag wurden beispielsweise große Mengen Tropenholz verbaut“, ärgert sich Körnig. Auf 30 bis 50 Prozent der öffentlichen Baustellen sei dieser Rohstoff zu finden. Außerdem seien wiederholt auch Dämmstoffe, die Fluorkohlenwasserstoffe enthalten, in öffentlichen Gebäuden verwendet worden.

„Wir haben mittlerweile Richtlinien, die wesentlich strenger sind als die Vorgaben der Europäischen Union“, wehrt sich Petra Reetz, Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen. „Leider hatten wir einige Verträge mit Bauherren bereits abgeschlossen, als diese Richtlinien noch gar nicht existierten.“ Im nachhinein könne da leider nichts mehr gemacht werden, beteuert sie, um jedoch gleich zu versichern: „Wenn wir heute einem unserer Vertragspartner auf die Schliche kommen, daß er gegen unsere Vorschriften verstößt, fliegt er sofort gnadenlos aus unserem Lieferantenverzeichnis heraus.“

Körnig sieht das völlig anders: „Wir können bei einigen Fällen nachweisen, daß in öffentlichen Gebäuden Tropenholz verbaut wurde, obwohl die Verträge nach dem Totalverbot für die Verwendung dieses Rohstoffes abgeschlossen worden sind.“ Das Totalverbot, so der Klimaschutzexperte, sei Mitte 1993 erlassen worden, die Ausschreibung für das Familiengericht habe aber erst im April 1994 stattgefunden. „Außerdem ist mir kein Fall bekannt, bei dem tatsächlich ein Bauherr aus dem Lieferantenverzeichnis der Senatsverwaltung verbannt worden wäre“, erwidert Körnig. Wenn es zu Verstößen gekommen sei, wären diese höchstens mit unerheblichen Bußgeldern belegt worden, die keine Wirkung auf die Täter zur Folge hätten.

Körnig geht sogar noch weiter mit seinen Vorwürfen: „In der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen wird gegenüber der Öffentlichkeit bewußt gelogen, um sich von diesen Vorwürfen reinzuwaschen.“ Lars Klaaßen

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