: Knast statt Kaserne
■ Totalverweigerer wurde zu acht Monaten ohne Bewährung verurteilt
Magdeburg (taz) – Der Magdeburger Totalverweigerer Lothar Wesolowski ist vom Amtsgericht Meldorf, Kreis Heide, wegen „Fahnenflucht und mehrfacher Gehorsamsverweigerung“ zu acht Monaten Knast ohne Bewährung verurteilt worden.
„Wenn dieses Urteil rechtskräftig wird, ist es das härteste gegen einen Totalverweigerer seit vier Jahren“, sagt Detlev Beutner von der Totalverweigerer-Initiative in Braunschweig. Der Umgang des Militärs mit Wesolowski dokumentierte aber auch schon vor der Gerichtsverhandlung, daß gegen Totalverweigerer offenbar jetzt eine härtere Gangart eingeschlagen wird. Denn der Magdeburger mußte in der Wulf-Isebrand-Kaserne in Heide insgesamt vier Disziplinararreste von jeweils 21 Tagen absitzen. Bislang jedoch verhängten die Truppenkommandeure und die Truppendienstgerichte aber allenfalls bis zu drei derartige Arreste.
Lothar Wesolowski sollte am 2. Januar seinen Grundwehrdienst in Heide antreten, war aber nicht erschienen. Fünf Tage später wurde er von Feldjägern in seiner Magdeburger Wohnung festgenommen. Seitdem verweigert er strikt jeden Befehl, sich einkleiden zu lassen und Dienstkleidung anzulegen. „Ich bin nicht unbedingt Pazifist aber auf jeden Fall Antimilitarist“, begründet er seine Haltung. Außerdem lehne er Zwangsdienste in jeder Form strikt ab.
„Wir sind nicht 1989 in der DDR für die Freiheit auf die Straße gegangen, um anschließend Zwangsdienste zu schieben“, begründet er. Die Freiheit müsse jeden Tag neu erkämpft werden, sagte er auch in der Gerichtsverhandlung.
Den vierten Arrest bezeichnet Oberstleutnant Dieter Kunze vom Pressezentrum der Luftwaffe in Köln als „ziemlich einmalig“. Denn damit hat die 3. Kammer des Truppendienstgerichts Hannover eine seit 1968 vom Bundesverfassungsgericht ausgegebene Grundrichtung überschritten.
Fragwürdig ist überdies die Begründung des Truppendienstgerichts bei der Verhängung des vierten Arrests. Denn den Militärrichtern ging es nicht mehr um die Disziplinierung Wesolowskis, sondern darum, „dem Eindruck entgegenzuwirken, die Bundeswehr stünde solchen Totalverweigerern hilflos gegenüber“. Dies müsse, so das Truppendienstgericht weiter, „die Disziplin in höchstem Maße gefährden und könnte Anreiz zu ähnlichem Verhalten bei anderen Soldaten bieten“.
Kurz vor möglichen Bosnien- Einsätzen deutscher Soldaten soll offenbar allen Möglichkeiten von Zersetzung der Wehrmoral mit ganzer militärischer Härte begegnet werden. Eberhard Löblich
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