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SanssouciNachschlag

■ Nicht neu, aber klasse dargeboten: "Lästerrausch" im BKA

Absurdität und Wahrheit liegen im Alltäglichen. Den KleinbürgerInnen ins Wohnzimmer zu schauen, ihre Gewohnheiten zu karikieren und ihre Gesprächsthemen zu persiflieren, scheint für viele KabarettistInnen immer wieder der Garant für einen grundsoliden Lacherfolg zu sein. Man würze das Ganze mit einer Prise regionaler Mundart, unterstreiche die optische Wirkung der DarstellerInnen durch milieutypische, geschmacklose Kleidung, und es kann eigentlich nichts mehr schiefgehen.

„Botschesrieder & Hinterpainter – Zwei Münchener Hausfrauen im Lästerrausch“ heißt die Show der Kabarettistinnen Ulla Geiger und Barbara Jürgensen, die derzeit im BKA gastieren und sich dieser Ingredienzien großzügigst bedienen. Worüber zwei bayerische Weibsbilder tratschen, denen bloß „das Ableben von Franz Josef“ und die tragischen Schicksale der VorabendserienbewohnerInnen die Tränen in die Augen treiben, liegt auf der Hand. Tütenbepackt im langen-Samstags-Gewühl oder zu Hause am Küchentisch Cognac pichelnd, werden den ZuschauerInnen die Eckpfeiler ihrer Sicht der Welt präsentiert. Da wären zunächst mal die Männer. Klar, jede der Damen hat einen, aber das rechte Glück hat sich dennoch nicht eingestellt: „Die Hochzeitsreise nach Rimini war das einzige, was noch schee war“, erinnert sich die Hinterpainterin. Um „stramme Wadeln“ zu sehen, müsse man heute leider den Fernseher anmachen, ergänzt die Botschetsriederin.

Während sich im eigenen Heim alles um die Göttergatten, das Fernsehen, die Brigitte-Diät und Aerobic dreht, haben die beiden Bayerinnen natürlich auch zu den großen Ereignissen, die außerhalb der vier Wände stattfinden, einiges zu melden. Ob Umweltschutz, Lichterketten, indisch inspirierte Gruppentherapie oder Porschefahrer, zu jedem dieser Themen gibt es eine gehörige Portion bajuwarischen Senfes. Und man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß dies alles irgendwann, irgendwo schon einmal durch den Kakao gezogen wurde. Allerdings: Barbara Jürgensen als Erna Botschesrieder ist in ihrer tumben Gestik und Mimik fast schon ein weiblicher Gerhard Polt. Dazu passend besticht Ulla Geiger als Elfriede Hinterpainter durch ihre pikierte Spitzzüngigkeit. Zusammen tanzen, singen und tratschen sie sich durch den Abend und genießen natürlich den Exotik-Bonus, denn so schöne Wörter wie „zünftig“ oder „fesch“ klingen halt nur auf bayerisch richtig gut. Heike Blümner

Bis 15.6. Mi-So, 20 Uhr, BKA, Mehringdamm 32-34, Kreuzberg, 16.-18.6., 20 Uhr, BKA-Zelt neben der Philharmonie, Tiergarten.

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