piwik no script img

Kommt endlich raus, Mausis!

■ „Zum Umbruch, Schätzchen“: Lesben im Journalismus

Die Lesben kommen. Endlich auch in die Medien. In den Medien gibt es sie schon längst. Allerdings hört und sieht man von den lesbischen Journalistinnen nicht viel.

Die Dortmunder Journalismus- Forscherin Elisabeth Klaus und ihr dreiköpfiges Team haben sich auf Spurensuche begeben und neunzehn lesbische Journalistinnen in ausführlichen Leitfadeninterviews zu ihrer Biographie, ihrem Beruf und ihrem Alltag befragt. Das Projekt „Biographien lesbischer Journalistinnen“ wurde sogar – Lesben sind im Kommen! – mit Forschungsgeldern und einem Förderpreis ausgestattet. Nur eines fehlte den Wissenschaftlerinnen, es ließ sich weder beantragen noch einklagen: der Mut zu offenen Worten von den „Betroffenen“. Nur fünf der neunzehn Frauen präsentieren sich in dem soeben erschienenen Interviewband „Zum Umbruch, Schätzchen“ unter ihrem Klarnamen. Es sind vor allem die sattsam bekannten: die WDR-Redakteurin Inge von Bönninghausen und die Ex-Courage-Herausgeberin Sabine Zurmühl. Die RTL-Moderatorin Hella von Sinnen, eine Münchner Fachredakteurin namens Ariane Rüdiger und Dorothee Winden von der taz.

Sie alle berichten freimütig von den Vor- und Nachteilen, die das offen lesbische Arbeiten mit sich bringt: Daß sie Männern nicht schmeicheln will, sei „sicher nicht karrierefördernd“, meint Inge von Bönninghausen, die aber trotzdem Karriere im WDR gemacht hat. „Die meisten haben zu einer lesbischen Frau eine größere Distanz“, deutet Sabine Zurmühl das Verhältnis zu ihren heterosexuellen KollegInnen. „Die kriegen eher Schiß vor dir.“

Alle fünf würden aber „nie wieder einen Schritt zurücktreten“ (Dorothee Winden). Insgesamt haben sie mit ihrem Coming-out einen positiven Schnitt gemacht. Wie traurig hören sich dagegen die Statements der Undercover-Lesben an! Da will sich eine Zeitungspauschalistin (26) nicht „abstempeln“ lassen. Am Journalsimus gefällt ihr, „daß du kritisch mit Dingen umgehen kannst“. In ihrem Lesbenbild übernimmt sie allerdings eher unkritisch die gängigen Vorurteile: „Daß viele Frauen versuchen, Männer zu imitieren, das stößt mich sehr ab.“ Auch die Hörfunkredakteurin (40), deren Beitrag mit „sehr straight“ übertitelt ist, bringt ihre berufliche und private Seite mit Bedacht nicht zusammen: „Als Mensch“ hält sie sich „für sehr streitbar“ – als Lesbe aber bedeckt. Um der Karriere nicht zu schaden...

Die Beispiele ließen sich fortsetzen. Aber wer will diese seltsamen Begründungsschleifen eigentlich noch lesen, wo sich heutzutage selbst die ARD ein Primetime-Coming-out leistet? Klaudia Brunst

Elisabeth Klein u.a.: „Zum Umbruch, Schätzchen“. Centaurus 1995, 38 DM

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen