: French Cuisine mit anonymen Gen-Kartoffeln
■ EU-Wirtschaftsminister wollen laxe Kennzeichnung für Novel food beschließen
Brüssel (taz) – Die Diskussion der EU-Regierungen über die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel spitzte sich vor der gestrigen Sitzung der EU- Wirtschaftsminister noch einmal zu. Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) verlangte unisono mit den Grünen, mit Verbraucher- und Umweltverbänden, daß die Verbraucher bei allen Nahrungsmitteln, bei denen Gentechniker am Werk waren, darüber informiert werden müssen. Doch die EU-Kommission in Brüssel hatte den Weg für eine wesentlich laxere Kennzeichnung bereitet. Industriekommissar Bangemann (FDP) hatte vorgeschlagen, daß Genmanipulationen auf dem Etikett nur vermerkt werden müssen, wenn Gen-Produkte sich von traditionellen so unterscheiden, daß der Verbraucher es ohnehin sieht oder schmeckt. Alles andere sei eine „Diskriminierung“ fortschrittlich erzeugter Lebensmittel.
Immerhin sechs EU-Regierungen waren zunächst dagegen. Doch die nun zur Abstimmung stehende Regelung, die von der französischen Ratspräsidentschaft als Kompromiß angepriesen wurde, unterscheidet sich nur unwesentlich vom Kommissionsvorschlag.
Nach der Vorlage soll auf dem Lebensmitteletikett auch vermerkt werden müssen, wenn die Gen-Prozedur die Nährwerteigenschaften verändert hat, ohne daß der Verbraucher das sofort merkt. Doch es bleibt bei der Formulierung, daß nur Gen-Produkte gekennzeichnet werden müssen, die sich „wesentlich“ von traditionellen Lebensmitteln unterscheiden.
Besonders bedenklich ist zudem, daß alle Veränderungen, die nicht das Nahrungsmittel selbst betreffen, völlig aus der Kennzeichnungspflicht herausfallen. Das betrifft beispielsweise Bier, das mit gentechnischer Hefe gebraut wurde, oder Kartoffeln, die gegen Pflanzenschutzmittel resistent gemacht wurden. Denn nach Ansicht der Kommission wurde die Widerstandskraft nur in die Grünpflanze, nicht aber in die Kartoffel eingebaut. Alois Berger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen