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Razzia in Kreuzberg

■ Durchsuchungen von vier Wohnungen / Das Interesse der Polizei galt dem K.O.M.I.T.E.E. und der Zeitschrift "Radikal"

Sie kamen morgens um sechs mit einem Bus und blieben den ganzen Vormittag. Fünf Stunden lang durchsuchten Beamte des Sondereinsatzkommandos gestern in der Manteuffelstraße 90 in Kreuzberg nach „Verdächtigem“. Was oder wen sie genau suchten, darüber gab es zunächst widersprüchliche Angaben. Ein Polizist erklärte, man suche nach Laptops und Sprengstoff, ein anderer wußte, es gehe um die linksradikale Zeitschrift Radikal. Im Erdgeschoß der Manteuffelstraße traten Polizeibeamte die Tür des Jugendprojekts Gangway ein, lösten die Alarmsirene aus und gerieten danach ins Visier des anrückenden Wachschutzes.

Insgesamt vier „Objekte“ wurden in Berlin gestern vom Landeskriminalamt durchsucht. Während sich die Durchsuchungen im Bundesgebiet vor allem gegen die „Antiimperialistischen Zellen“ richteten, standen die Durchsuchungen in Berlin offenbar im Zusammenhang mit dem versuchten Bombenanschlag auf den Knast in Grünau, zu dem sich eine Gruppe namens K.O.M.I.T.E.E. bekannt hatte. Eine der drei Personen, die wegen dieses Anschlags gesucht werden, ist in der Manteuffelstraße 90 gemeldet.

Der Durchsuchungsbefehl für die besagte Wohnung wurde freilich schon in der letzten Woche ausgestellt. Gleichwohl stellte die vom Staatsschutz mitgebrachte Staatsanwältin „Gefahr im Verzuge“ fest und ordnete die Durchsuchung des gesamten Hausprojekts an. Die Beute freilich war gering: unter anderem ein Ordner, in dem sich der Durchsuchungsbefehl der letzten Polizeiaktion in der Manteuffelstraße vom April fand.

Neben der Manteuffelstraße wurden Wohnungen in der Wrangelstraße, der Lausitzer Straße und der Oranienstraße durchsucht. Dabei sei, so die Bundesanwaltschaft, eine Person festgenommen worden. Bundesweit nahm die Polizei vier Personen fest. Gegen 25 namentlich bekannte und weitere unbekannte Personen laufe ein Verfahren im Zusammenhang mit der Radikal. Die von den Durchsuchungen Betroffenen bezeichneten die Polizeiaktion gestern trotz der vier Festnahmen als „Wasserschlag“. Die verschiedenen Begründungen der Durchsuchungen zeigten, daß die jeweiligen Vorwürfe an „den Haaren herbeigezogen“ und zu einem „kruden Bündel“ zusammengeschnürt worden seien. Uwe Rada

Siehe Bericht Seite 1

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