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Täter ließen Lösegeld sausen

■ Worpsweder Arztfrau im Nachthemd gekidnappt – nach 17 Stunden freigelassen

Rund 17 Stunden lang, ohne Essen und Trinken und nur mit einem Nachthemd bekleidet, bangte die 49 Jahre alte Frau eines prominenten Sportarztes aus Worpswede um ihr Leben. Am Montag morgen war sie um 6.00 Uhr in ihrer Villa in Worpswede von drei Männern nach einem Raubüberfall gekidnappt und gegen 23.00 Uhr bei Hannover-Kirchhorst wieder freigelassen worden.

Kriminaldirektor Jürgen Willner konnte bereits gestern mittag in Lüneburg die Festnahme eines „mit Sicherheit“ beteiligten 36jährigen Mannes aus Braunschweig vermelden, der ein Teilgeständnis abgelegt hat. Gestern abend dann ging ein 40jähriger Mann einem Einsatzkommando in einer Pension in Stuttgart ins Netz. Dort war ein Wagen mit Wiesbadener Kennzeichen entdeckt worden, der schon in Worpswede aufgefallen war.

Ein Teil vom geraubten Schmuck und Bargeld aus dem Safe des Ehepaares wurde bereits sichergestellt. Offensichtlich hatten die Täter Wind von den verborgenen Aktivitäten der Polizei bekommen. Sie verzichteten überraschend auf das geforderte Lösegeld von 600.000 Mark und ließen die Frau unverletzt frei.

Fast eine Stunde lang hatten sich die Täter am Montag morgen in der Villa aufgehalten, nachdem sie den Arzt vor seiner Garage überfallen, ihn im Haus gefesselt und immer wieder massiv bedroht hatten. Auch ein Schuß fiel. Die Männer räumten den Tresor mit Bargeld und wertvollem Schmuck aus und kidnappten die Ehefrau. Im Kofferraum ihres eigenen Autos und von zwei weiteren Fahrzeugen erlebte die Entführte eine Odyssee kreuz und quer durch Niedersachsen.

Die Frau durfte erst um 20.20 Uhr mit ihrem Mann telefonieren. Bis dahin hielten die Täter sie offenbar in dem Wohnhaus eines Verwandten des inzwischen Festgenommenen gefangen. „Wahrscheinlich in einem Kellerraum, der videoüberwacht wurde“, mutmaßt Einsatzleiter Willner. Die Entführer hatten der Frau Mund und Augen verklebt und die Ohren zugestopft.

Die Polizei hatte mit ihrer Taktik Glück: Während sie die Täter in Sicherheit wiegen und den Eindruck erwecken wollte, der Ehemann habe sich an die Abmachung gehalten und die Behörden nicht alarmiert, gerieten die Entführer offenbar gegen Abend unter Druck, als Rundfunksender von der Entführung berichteten. „Die Forderung nach 600.000 Mark, die in zwei Tagen bereitgestellt werden sollten, wurde ihnen offenbar zum Ballast“, sagte Willner. Die Polizei kritisierte zugleich das Verhalten einiger Journalisten, die sich bei Nachbarn des Ehepaares als Kripobeamte ausgaben. Die Polizei hatte eigentlich eine Nachrichtensperre verhängt.

Den entscheidenden Hinweis auf das Kellerversteck der Entführer im Kreis Osterholz-Scharmbeck bekam die Polizei von einem Bürger. Deshalb war sie den Gangstern kurz vor der Freilassung der Entführten bereits auf der Spur. Ein Radfahrer war der erste, den die erschöpfte Frau nach anhalten konnte und um Hilfe bat.

Der Mann der Entführten hat eine Praxis in Osterholz-Schwarmbeck. Prominente Patienten des Spezialisten für Muskelverletzungen sind unter anderem die Ex-Nationalspieler Rudi Völler (Bayer Leverkusen) und Nationalspieler Karl-Heinz Riedle (Borussia Dortmund). Der Arzt übernahm auch die medizinische Betreuung der US-amerikanischen Frauen-Volleyball-Nationalmannschaft auf ihrer Europatournee. dpa

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