The Silence

■ Fotos von Gilles Peress zum Thema Völkermord in Ruanda

Vor einem Jahr reiste der

„Magnum“-Fotograf Gilles Peress

nach Ruanda und in die Flücht-

lingslager der Nachbarländer, um

den Spuren des Völkermordes an

über 500.000 Menschen und der

Flucht von Millionen nachzugehen.

Der nun beim Scalo Verlag

(Zürich/Berlin) erschienene

Fotoband „The Silence Rwanda“

(208 Seiten, 100 Abbildungen,

34,80 DM) dokumentiert das

Ergebnis: eine Archäologie des

Schreckens, eine Bilderreihe, die

unter die Haut geht. Wir bringen

eine Fotoauswahl – links Aufnah-

men des Todes aus Ruanda selbst,

rechts Bilder des Überlebens.

Am kommenden Montag soll im niederländischen Den Haag die erste Sitzung des Ruanda-Völkermord-Tribunals stattfinden, das die Ermordung von über einer halben Million Menschen in Ruanda zwischen April und Juni 1994 ahnden soll. Die Bestrafung jener, die die ideologische und praktische Planung dieses Völkermordes vornahmen, ist seither ein Hauptanliegen der überlebenden Ruander.

Das Ruanda-Völkermord- Tribunal – neben dem ebenfalls von dem südafrikanischen Richter Richard Goldstone geleiteten Jugoslawien- Tribunal die erste derartige Einrichtung seit den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen von 1946 – war im November 1994 von der UNO eingerichtet worden. Damals war von bis zu 30.000 möglichen Angeklagten die Rede, wobei es jedoch 120 Jahre dauern würde, bis man so viele Leute in auch nur jeweils zweitägigen Prozessen abgeurteilt hätte. Die Zahl der Fälle, die dem Tribunal vorgelegt werden sollen, ist seither ständig gesunken. Jetzt ist nur noch von etwa 70 bis 100 Angeklagten die Rede – es sind zumeist hohe Funktionäre oder Chefideologen des früheren ruandischen Regimes –, die sich in der Regel in einem von der Regierung ihres Aufnahmelandes geduldeten Exil befinden.

Wann tatsächlich Prozesse beginnen, steht in den Sternen. Gerichtsort ist nicht Den Haag, sondern Arusha in Tansania – und verhandelt wird nur im Beisein der Angeklagten, was voraussetzt, daß die diese von ihren Aufnahmeländern auch tatsächlich ausgeliefert werden. Bei der Eröffnungssitzung des Tribunals am Montag werden zunächst nur die elf Richter vereidigt.

Die Regierung Ruandas ist unter diesen Umständen mit dem Tribunal unzufrieden. In Ruanda selbst sind bis zu 30.000 Menschen in Haft, denen eine direkte Tatbeteiligung vorgeworfen wird; um die überfüllten Gefängnisse zu entlasten, sollen jetzt vermehrt Entlassungen vorgenommen werden. Reguläre Völkermordprozesse in Ruanda selbst, von denen sich Beobachter eine exemplarische Wirkung auf die ruandische Bevölkerung erhoffen, werden wegen den Langsamkeit der internationalen Hilfe zum Aufbau eines Justizwesens noch auf sich warten lassen müssen. D. J.