: Heteros sind am unbeliebtesten
■ Aids-Hilfe bildet ehrenamtliche Helfer für Aidskranke aus / Die Nachfrage nach Mitarbeitern wird immer größer / Isolierung der Betreuten aufbrechen
Daß soziale Projekte Schwierigkeiten haben, weil kaum einer um ihre Existenz weiß, ist keine Seltenheit. Daß es auch genau andersherum sein kann und die Probleme aus der zu großen Bekanntheit resultieren können, zeigt die Berliner Aids-Hilfe (BAH). Seit 10 Jahren werden dort Kontakte zwischen ehrenamtlichen Helfern und HIV-Infizierten oder an Aids Erkrankten hergestellt. „Das hat sich im Laufe der Zeit herumgesprochen, und dadurch ist die Nachfrage nach ehrenamtlichen Betreuern enorm gestiegen“, erzählt Hanno Giese von der BAH.
Um die Isolierung der Betreuten aufzubrechen oder deren Umfeld zu entlasten, sind Betreuer gefragt, die Lust zu gemeinsamen Kino- oder Konzertbesuchen, Spaziergängen und Gesprächen haben. Aber nicht nur die Mundpropanganda hat dazu geführt, daß immer mehr Erkrankte versuchen, über die BAH einen solchen Betreuer kennenzulernen. „Es gibt inzwischen sehr viele Aidspatienten, die vereinsamt sind, weil viele ihrer Freunde gestorben sind“, meint Giese. Der wachsenden Nachfrage steht eine leicht rückläufige Zahl an Ehrenamtlichen gegenüber.
Vorbereitung auf die Probleme
Wer sich entschlossen hat, bei der Aids-Hilfe als Betreuer mitzuarbeiten, wird zunächst in einer Schulung darauf vorbereitet, mit welchen Problemen er dabei konfrontiert werden kann. „Bei der Vorbereitung erkennen wir außerdem recht gut, wer für die Arbeit ungeeignet ist“, erläutert Hanno Giese. Erwartet wird von den Helfern, die mindestens 25 Jahre alt sein müssen, eine stabile Lebenssituation, Zuverlässigkeit und Sensibilität.
Die Betreuerstruktur hat sich im Laufe der Arbeit stark verändert: Heute arbeiten ungefähr 50 Prozent Frauen mit; früher waren es fast ausschließlich Schwule. Die Heteros kommen allerdings immer noch recht spärlich, stellt Giese fest. „Die rangieren aber auch bei den Kranken ganz unten in der Beliebtheitsskala. Schwule und Frauen sind wesentlich häufiger gefragt“, so der Mitarbeiter der Aids-Hilfe.
Um die Helfer mit den unweigerlich auftauchenden Problemen, wie Tod, Trauer, Hilflosigkeit, nicht allein zu lassen, wird einmal in der Woche eine Supervisionsgruppe angeboten. Aber nicht nur schwere Themen prägen die Arbeit, und auch die Rollenverteilung von Gebendem und Nehmendem ist nicht festgefügt. „Ich habe durch die Arbeit gelernt, wie humorvoll ein Aidskranker mit dem Tod umgehen kann. Dadurch hat sich mein Verhältnis zum Tod verändert, und vor allem habe ich gelernt, meine eigenen Probleme in einer realistischeren Dimension zu sehen“, faßt Ingrid, die seit drei Jahren als Betreuerin arbeitet, einige ihrer wichtigsten Erfahrungen zusammen. Gesa Schulz
Kontakt für ehrenamtliche Betreuer über die BAH, Tel.: 882 51 94; nächste Infoveranstaltung: Freitag, 30. Juni
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