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Ein echtes Kind der Nach-Weltkriegs-Ordnung

■ Zur Gründungskonferenz glaubte man, die Siegerkoalition des Zweiten Weltkrieges bleibe über 1945 hinaus bestehen. Statt dessen kam der Kalte Krieg

„Wir, die Völker der Vereinten Nationen ...“ Mit diesen Worten beginnt die Präambel der „Charta der Vereinten Nationen“, mit deren Unterzeichnung heute vor 50 Jahren die zweimonatige Gründungskonferenz der UNO in San Francisco endete. Erst in Artikel drei der Charta werden als Mitglieder der UNO die „Staaten“ definiert. Die Charta spiegelt vor allem die Vorstellungen der USA von der Nachkriegsordnung wieder. Bereits 1940 hatte das State Department erste Entwürfe für eine „von den beiden englischsprachigen Demokratien, USA und Großbritannien, zu führende Nachfolgeorganisation des Völkerbundes“ vorgelegt. Mit seiner Forderung, innerhalb dieser Organisation eine Sonderrolle für das Commonwealth zu verankern, setzte sich der britische Premier Winston Churchill nicht gegen US- Präsident Theodor Roosevelt durch. Von der Absicht des französischen Präsidenten Charles de Gaulle, in San Franciso ein Vetorecht für die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates zu verhindern, um so Frankreich eine ungehinderte Führungsrolle unter den mittleren und kleineren Staaten der Generalversammlung zu sichern, erfuhr Washington rechtzeitig und konnte sie durchkreuzen: Mitte 1944 hatte der militärische Abschirmdienst der USA die Geheimcodes fast aller anderen 50 UNO-Gründungsregierungen geknackt und hörte seitdem die gesamte Kommunikation mit ihren Auslandsdiplomaten und den Delegationen in San Franciso ab.

Insbesondere der Charta-Auftrag der kollektiven Friedenssicherung basierte auf der Annahme, die Siegerkoalition des Zweiten Weltkrieges bleibe über 1945 hinaus bestehen. Doch schon in den ersten acht UNO-Jahren führte der ideologische Konflikt zwischen Moskau und Washington zur fast völligen Lähmung der Weltorganisation. Zur stellenweisen Kooperation kam es erst, nachdem Nikita S. Chruschtschow 1955 erster Mann der Sowjetunion wurde.

Infolge der Entkolonisierung verdoppelte sich die Zahl der UNO-Mitglieder bis 1960 auf 100 und wuchs über 160 im Jahre 1989 auf inzwischen 184; davon sind 75 Prozent aus dem Süden. Mit dieser Entwicklung veränderten sich das innere Gefüge des UNO-Systems und die in seinem Rahmen behandelten Probleme erheblich. Die USA und die mit ihr verbündeten westlichen Staaten verloren ihre automatische Mehrheit in der Generalversammlung. Deren (nicht bindende) Resolutionen, vor allem zu Themen der Weltwirtschaft, des Nord-Süd-Gefälles oder der Unterentwicklung, wurden jedoch vielfach von den Staaten des Nordens nicht umgesetzt. Und der Sicherheitsrat war bis 1989 wegen des Ost-West-Konflikts weiterhin häufig entscheidungsunfähig. Dennoch konnte die UNO – zumeist durch ihren Generalsekretär – in einer Reihe internationaler Konflikte vermittelnd eingreifen. Auch die 16 Peacekeeping-Missionen der Jahre 1947 bis 1989 gehören zur Erfolgsgeschichte der UNO. Schließlich wurde das zu Zeiten des Völkerbundes begründete Völkerrecht in den letzten 50 Jahren erheblich erweitert durch Hunderte von Konventionen und internationale Verträge, die im Rahmen des UNO-Systems ausgehandelt wurden.

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