Sozi-Sause auf Staatskosten

■ 30.000 Marks-Reise für abtretende Bremerhavener Genossen zum Ocean-Park nach Genua

Kurz vor ihrem Ausscheiden aus der Stadtverordnetenversammlung hat die Mehrheit der Bremerhavener SPD das Reisefieber gepackt. Am Donnerstag der kommenden Woche fliegen die Feierabendpolitiker – auf Kosten der Steuerzahler – für drei Tage nach Genua. Dort wollen sie sich das „Acquario die Genova“ anzusehen, das Großaquarium des amerikanischen Unternehmers Peter Chermayeff, der in Bremerhaven den Ocean-Park bauen will.

„Das ist als Informationsreise für den geplanten Ocean-Park ungeheuer wichtig“, erläutert Fritz Grote. Der Haken an der Sache ist nur: Die nächste Entscheidung über den Ocean-Park steht erst nach der Neuwahl der Stadtverordneten am 24. September an. Fritz Grote, Richard Skribelka, Egon Arnold, Rolf Brümmer, Karin Freudenthal, Martin Glöde, Karin Holschen, Karin Lohmeyer, Günter Reuter, Hans-Herman Strapko, Alfons Tallert, Dieter Tiedemann und Dr. Lothar Koring, für die angeblich die Flugtickets gebucht werden sollen, sitzen dann nicht mehr im Stadtpalarment und haben nichts mehr zu sagen.

„Das macht doch nichts“, wendet der Stadtverordnete Egon Arnold ein. „Man wird so häufig von irgendwelchen Einwohnern gefragt. Wenn wir erst mal da waren, können wir ihnen alles erzählen. Das hat dann nichts damit zu tun, ob man noch Stadtverordneter ist oder nicht. Außerdem können wir unsere Eindrücke ja an die anderen Abgeordneten weitergeben.“

Die anderen, jene fünf SPD-Abgeordneten die dann über das geplante Großprojekt zu entscheiden haben, sind von dieser Idee allerdings nicht begeistert: „Das ist eine unglaubliche Frechheit, was sich die Mehrheit der Fraktion da geleistet hat“, empört sich Cornelia Rönnefahrt. „Wir müssen schließlich darüber entscheiden und nicht die Abgeordneten, die sich jetzt ins Flugzeug setzen.“ Auch die Stadtverordnete Martina Kirschstein-Klinger ist entsetzt: „Das ist eine Sache aus dem Tollhaus. Die Reise ist überhaupt nicht gesprochen worden. Sie stand zwar mal auf der Tagesordnung, doch diskutiert wurde nie. Dann kam plötzlich die Einladung.“ Ihrer Meinung nach hätte es „vollkommen gereicht“, wenn von jeder Fraktion eine kleine Abordnung nach Genua geflogen wäre. „Aber das sieht ja jetzt aus, als hätten wir zuviel Geld.“ In der Tat bekommt die Fraktion monatlich 15.022 Mark (3.3394 Grundbetrag und 646 Mark pro Abgeordneten). Im Jahr sind das 180.264 Mark, die aus Steuergeldern in die Fraktionskasse fließen. Das Geld ist laut Ortsgesetz dafür gedacht, daß die Abgeordneten ihre Aufgaben durchführen können. Was genau darunter zu verstehen ist, bleibt offen. Auf 30.000 Mark werden die Kosten für die Genua-Reise geschätzt. Dabei stehen Gespräche mit dem deutschen Generalkonsul, der Direktorin des Goethe-Institutes sowie Vertretern der Stadt Genua und der Betreibergesellschaft des Großaquariums auf dem Programm. Außerdem werden die Abgeordneten einen Tag lang durch die Anlage laufen und das Freizeitprogramm selbst erproben. „Wir wollten unbedingt in einen Park in Europa, weil nur die Verhältnisse dort auf den Ocean-Park übertragen werden.“ Das stimmt nicht ganz: Schließlich ist Genua mit seinen 784.000 Einwohnern um einiges größer als die Seestadt Bremerhaven.

Die Reise nach Genua ist die zweite Reise in diesem Jahr auf Kosten der Steuerzahler. Bereits im Mai waren scheidende Mandatsträger nach Rügen gefahren und hatten sich Altersheime der Arbeiterwohlfahrt angesehen. Außerdem stand ein Gespräch in Rostock mit Ex-Finanzsenator Claus Grobecker über die internationale Werftenszene auf dem Programm. kes