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Projekt „Nasse Füße“

■ Nur an wenigen Stellen können BremerInnen in die Weser – neue Wege sollen sie jetzt zumindest an die Weser bringen, zum Beispiel in Hemelingen

Das wär' doch was: In der Mittagspause an die Schlachte und die hitzegeschwollenen Füße in die Weser hängen! Is nicht, die sogenannten „Steinpackungen“ liegen unüberwindbar zwischen Füßen und Wasser. Zwar gibt es mittlerweile Öko-ProfessorInnen, die lehren, daß ein Fluß auch mit einfachen Ufern und einer bestimmten Bepflanzung in Zaum gehalten werden kann, doch die obersten Wasserbehörden sind nach wie vor anderer Meinung. Und die Weser ist eben nicht in erster Linie ein Fluß für BremerInnen, sondern eine Bundeswasserstraße. Einzige Ausnahmen: die Ufer beim Café Sand und hinterm Stadion. Dort ermöglichen abgeflachte „Steinpackungen“, aufgeschüttet mit Sand bzw. Kies, das Wassertreten.

„Ja, ja“, seufzt da der Bremer Stadtplaner Siegfried Kotthoff, „wir hatten auch schon mal die Projekt-Idee ,Nasse Füße'; da haben wir überlegt, wo man in Bremen die Menschen wieder mehr in Kontakt mit dem Wasser bringen könnte“. Eine Idee unter anderen: die „Steinpackungen“ mit einem strapazierfähigen Rasen abzudecken. Das kleine Experiment an der Schlachte allerdings mißlang: Eins der seltenen Bremer Hochwasser spülte nach wenigen Tagen die Erde mitsamt Grassamen fort.

Wenn schon nicht ins Wasser, dann wollen die StadtplanerInnen die BremerInnen wenigstens ans Wasser bringen. So soll die große Lücke zwischen Wilhem-Kaisen-Brücke und Café Sand mit einem Weseruferweg geschlossen werden. Bislang müssen FußgängerInnen die staubige Straße benutzen – vom Wasser immer getrennt durch Brennesselgebüsch oder Sportvereine. Eigentlich gehört den Vereinen das Ufer gar nicht, doch haben sie es, legitimiert durch jahrezehntelange Pflege, quasi privatisiert. In langwährenden Geprächen konnte die Stadt jetzt fast vollständig klären, wie der öffentliche Weg verlaufen könnte, ohne daß die Vereine um ihre Anleger fürchten müssen.

Und das Schönste: Man wird hier nicht nur gehen können, sondern auch liegen: Direkt gegenüber dem Wasserturm soll eine gepflegte Liegewiese angelegt werden. Mit Blick auf die Altstadt. Außerdem wird der Weg mit mehreren „Kiek-uts“ bestückt. Das sind Ausgucke also auf den bereits vorhandenen in die Weser ragenden Steinbuhnen. Wenn dann noch die Gartenarchitekten die vorhandenen Trampelpfade für die Wegführung nutzen, steht dem stadtnahen Lustwandeln nichts mehr im Weg.

Bislang gänzlich abgeschnitten von der Weser sind wegen der Häfen allerdings Gröpelingen und Hemelingen. Doch auch an diesen beiden Enden der Stadt tut sich was: Soeben ist der Fährweg beim AG-Weser-Gelände als Straße fertiggestellt worden; und ein Fähranleger folgt sogleich – wahrscheinlich schon im Herbst. Dann wollen die Schreiber-Reederei und eventuell auch Hal över dort anlegen. Und wer dann ein Konzert in der bald umgebauten HoJo-Halle besucht, kann vom Martini-Anleger bis zum Fährweg schaukeln, Fahrpries im Eintrittspreis enthalten.

Und die HemelingerInnen, mit Industrie überversorgt, aber nach Grün und Wasser dürstend? Sie müssen sich bislang mit einem Blick vom Deich herunter auf's ferne Wasser begnügen. Doch schon in Kürze sollen sie hinter dem Hemelinger Hafen bis ans Ufer der Weser gelangen können – auf einer Wegschleife zwischen Hemelinger See und Yachthafen. Dazu hat die Stadt jetzt Grundstücke gekauft.

Zunkunftmusik allerdings wird wohl noch lange dieses Projekt bleiben: eine erweiterte Radrundtour um Weser und Werdersee mit einem unter die Hemelinger Autobahnbrücke gehängten Radweg. Ebenfalls eher illusorisch: ein wassernaher Weg über das Gelände des Kohlekraftwerks in Hastedt. Denn die Kohle für das Kraftwerk wird über die Wasserkante angelandet. Die PassantInnen müßten unter Ladekränen durch. Zu gefährlich, sagen die Stadtwerke. Aber es werden dort doch nicht täglich Kohlenschiffe entladen? Nein, aber dann müßte der Weg jedesmal für Stunden gesperrt werden. Auch kein Zustand... Außerdem liegt eine Kohlen-Lagerfläche für die Notversorgung des Kraftwerks direkt am Fluß.

Der Öffentlichkeit entzogen bleibt weiterhin wohl auch das Weserufer am Bootshafen beim Weserstadion. Auch wenn dort immer nur wenige Privatboote liegen... cis

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