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Unterm Strich

Wenn die erste Familie des Landes (dies hier ist eine Fortsetzung der Meldung auf der vorigen Seite) übers Wochenende ins Grüne fährt, bringt sie oft und gern von dort ein Stückchen Film nach Camp David mit (im letzten Jahr war das beispielsweise Posse). Wenn sie nicht wegfahren, laden sie vierzig (lustig, vierzig! Ali Clinton und die vierzig Babas) Gäste ein zum Dinner und einem Film. Das größte ist es, wenn der Filmemacher oder die sogenannten „Studio-Execs“ im Weißen Haus übernachten dürfen. Stellen Sie sich vor: Zähneputzen mit Hillary. Kann ich ins Bad, Liebes? Tom Hanks und seine Frau hatten unlängst das Vergnügen. Hugh Grant, dem wohl nichts zu wünschen bleibt, als künftig etwas gemütlichere Liebesnester aufzutun, war in Washington, um den Film The Englishman Who Went Up a Hill but Came Down a Mountain zu bgleiten. Dabei bekam er sogar eine Privattour durch das Weiße Haus. Das Branchenblatt Variety notiert süffisant, daß Grant eine Gouvernante hatte, als er im Lincoln-Schlafzimmer schlief. Es gibt nur sehr wenige Gelegenheiten, wo der Präsident und seine Frau sich persönlich hinbegeben zu einem Screening. Das war letztens bei Schindler's List oder My Family der Fall. So, nun ist es genug.

Lassen Sie sich, so empfiehlt uns eine Broschüre, ein auf das kunterbunte Abenteuer auf dem Gaffenberg, fünf Tage lang, hoch über den Dächern Heilbronns, wo man über 150 Künstler und Ensembles aus elf Ländern erwartet. „Aufgeklärte Lebensfreude statt dumpfen Frohsinns.“ Über den letzten Satz haben wir jetzt schon mehrere Stunden lang gegrübelt. Dumpf und froh wie wir hier im allgemeinen und bei solchem Wetter im besonderen sind, haben wir uns vor die Birne geklatscht und uns dazu eines gepfiffen. Da ist uns nun noch lustiger zumute. In Gaffenberg, so erfahren wir weiter, wendet man sich wider die Versuchungen des Zeitgeistes, der sich darin ausmachen läßt, daß „postmoderne Beliebigkeit die Misere durchwirbelt und bewußtloses Glück kreiert. Würde Martin Luther den Widerruf seiner Thesen heute verweigern, im Gefolge der inzwischen weltberühmten Parole des Philosophen Paul Feyerabend würde sie heißen: ,Hier stehe ich, ich kann auch anders.‘“ Wieder lautes vor den Kopf klatschen und dumpfes Glückeln und Guckeln aus der Kulturredaktion. Und weiter: „,In‘ ist der coole Charme, der an nichts glaubt, sich über nichts aufregt, und nichts bewegen will.“ Auftreten werden also heute beispielsweise Gerhard Polt & Biermösl Blosn, es folgt das belgische Comedy-Duo Framboise Frivole mit unwiderstehlichem, aber keineswegs coolem Charme, welche ihre Instrumente meisterhaft beherrschen. Von ihrem pointierten Humor gar nicht zu reden.

R.E.M. mußten ihre laufende Europa-Tournee zum zweiten Mal abbrechen, weil Bassist Mike Mills in Köln am Unterleib operiert werden mußte.

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