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Spielzeugstreik bringt Absatz auf Null

■ Toys R Us kompromißlos / Gewerkschaften rufen zu „weltweitem“ Boykott

Stockholm (taz) – In den dritten Monat ging in dieser Woche der Streik der Angestellten der US- Spielzeugwarenkette Toys R Us in Schweden. Die Beschäftigten in den drei im letzten Jahr mit viel Brimborium eröffneten Warenhäusern fordern den Abschluß von Tarifverträgen – etwas, wovor sich Multi Toys R Us weltweit bislang prinzipiell drückt. Während am Montag die Internationale der Handelsangestelltengewerkschaften mit zwölf Millionen Mitgliedern in siebzig Ländern auf ihrer Jahrestagung in Wien beschloß, zu einem „weltweiten“ Boykott gegen Toys R Us aufzurufen, ließ der Spielzeugmulti gleichzeitig den Vermittlungsversuch des staatlichen Schlichters an der eigenen kompromißlosen Haltung scheitern.

Dem Streik und Boykottaufruf hat sich mittlerweile faktisch die gesamte schwedische Gewerkschaftsbewegung angeschlossen. SetzerInnen verweigern Toys R Us die Schaltung von Anzeigen in den Zeitungen; für die Reparatur oder Wartung von Anlagen und alle Warentransporte ist die Firma auf Streikbrecher angewiesen. Die Chefs verkaufen zusammen mit einigen nichtorganisierten Aushilfskräften selbst.

Bislang hatte Toys R Us versucht, mit konkurrenzlosen Billigangeboten für Windelpakete Familien mit Kleinkindern noch in die Läden zu locken. Mittlerweile konnte die Transportarbeitergewerkschaft mit Unterstützung ihrer dänischen und deutschen KollegInnen den über Scheinadressen abgewickelten Nachschub aber nahezu vollständig lahmlegen. Der Umsatz in den drei Warenhäusern bewegt sich nach Beobachtung der Streikwachen wegen des nun auch weggefallenen Windelgeschäfts nahe Null.

Bei Toys R Us befürchtet man offenbar einen Dominoeffekt. Anders ist kaum zu verstehen, warum man den Kompromißvorschlag des staatlichen Schlichters für einen geänderten Tarifvertrag an drei Minimalpunkten scheitern ließ: an Arbeitszeitregelungen für Weihnachten und Neujahr sowie einer täglichen Mindestarbeitszeit von drei Stunden für die Angestellten.

Gelingt es, Toys R Us in Schweden zu einem Tarifvertrag zu streiken, haben die dänischen KollegInnen bereits angekündigt, es den SchwedInnen gleichtun zu wollen. Und auch in deutschen Läden der US-Kette soll es nach Informationen der schwedischen Gewerkschaften köcheln. Der Multi ist bekannt für ein rüdes Kontrollsystem gegenüber den Angestellten.

Es geht ums Prinzip, und das offenbar bis zum bitteren Ende: Für die mächtige schwedische Handelsgewerkschaft sind die Streikgelder für die weniger als 100 Streikenden kein an die Substanz gehendes Problem. Und für den Spielzeugmulti mit weltweit über 800 Warenhäusern und einem Jahresumsatz von zuletzt 9 Milliarden Dollar scheint eine Schmerzgrenze auch noch nicht in Sichtweite. 50 Millionen Mark hat man für die Etablierung in Schweden investiert. Man hofft offenbar immer noch, mit der – mittlerweile durchaus glaubwürdigen – Drohung, sich aus diesem Markt wieder zurückzuziehen, die Gewerkschaften mit einer Art „Sonderregelung“ über den Tisch ziehen zu können. Reinhard Wolff

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