: Im Knast alles beim alten
■ Human Rights Watch: In Syrien wird trotz Liberalisierung weiter gefoltert
Kairo/New York (AP/dpa) – Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wirft Syrien vor, seit 1992 Hunderte Oppositionelle ohne Gerichtsverfahren oder wegen geringer Vergehen mit jahrelanger Haft bestraft zu haben. In einem am Samstag veröffentlichten Bericht heißt es weiter, Geständnisse seien mit Hilfe von Foltermethoden erpreßt worden. Eine leitende Mitarbeiterin der Organisation, Virginia Sherry, die im Frühjahr 48 Tage lang in Syrien für den Bericht recherchierte, sagte, die Regierung in Damaskus sende eindeutige Signale an ihre Bürger aus, daß friedliche politische Aktionen nicht geduldet würden. Opposition werde mit einem hohen Preis bezahlt.
Gefangene hatten der in New York ansässigen Menschenrechtsorganisation berichtet, daß als Folter hauptsächlich Schläge oder Elektroschocks angewandt würden. Einem Dissidenten seien die Fingernägel ausgerissen worden. Andere seien beispielsweise auf den „deutschen Stuhl“ gebunden worden, einen metallenen Stuhl mit beweglicher Rückenlehne, die dem Gefangenen das Rückgrat dehne und Nacken und Gliedmaßen verzerre.
Der syrische Präsident Hafis al- Assad wird in dem Bericht aufgefordert, alle technischen Mittel zur Folterung von Gefangenen im Sicherheitsapparat zu entfernen. Die US-Regierung wird aufgefordert, im Rahmen des Nahost-Friedensprozesses auf eine Verbesserung der Menschenrechtssituation in Syrien zu dringen.
In dem Bericht werden auch Hunderte von Fällen aufgelistet, in denen politischen Aktivisten wegen fadenscheiniger Anklagen der Prozeß gemacht wurde, etwa wegen Widerstandes gegen die Ziele der Revolution. Anderen seien Prozesse oder Berufungsverfahren verweigert worden. Entgegen dem Bericht von Human Rights Watch hatte es seit 1991 – dem Zeitpunkt des Golfkriegs – den Anschein gehabt, als wolle Syrien seinen Ruf in Sachen Menschenrechten verbessern. Nicht zuletzt schien sich Damaskus finanzielle Unterstützung vom Westen zu versprechen. In Reaktion auf den Bericht erklärte die syrische Regierung, es gebe keine Folter in ihrem Land. 40 Sicherheitsbeamte seien unter Anklage gestellt worden, weil sie Häftlinge mißhandelt hätten. Der Staatsminister für Auswärtige Angelegenheiten, Nasser Kaddur, sagte gegenüber Human Rights Watch, man müsse zugunsten der Stabilität des Landes einige Restriktionen durchsetzen.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen