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Kim Dae Jung kanns einfach nicht lassen

■ Südkoreanischer Oppositioneller kündigt Rückkehr in die Politik an

Seoul (dpa/taz) – Kim Dae Jung, der 69jährige frühere südkoreanische Oppositionsführer und Rivale von Staatspräsident Kim Young Sam, hat am Dienstag in Seoul offiziell seine Rückkehr in die Politik und die Gründung einer neuen Partei bekanntgegeben. Mit dieser Entscheidung hat der Vorsitzende einer nach ihm benannten Friedensstiftung die führende oppositionelle Demokratische Partei (DP) praktisch gespalten.

Politische Kreise in Seoul erwarteten am Dienstag, daß die von Kim Dae Jung angekündigte neue Oppositionspartei im August gegründet wird. Ihr könnten sich 65 der jetzt 96 DP-Parlamentsabgeordneten anschließen. In Südkorea wird im April 1996 ein neues Parlament gewählt. Ein Jahr später finden Präsidentenwahlen statt.

Die mit absoluter Mehrheit regierende Demokratisch-Liberale Partei (DLP) von Präsident Kim Young Sam reagierte zunächst mit scharfer Polemik auf die Ankündigung Kim Dae Jungs. DLP-Sprecher Park Bum Jin nannte Kim einen „von blindem Drang nach Macht besessenen, schamlosen Mann“, der sein 1992 gegebenes Versprechen gebrochen habe, sich endgültig aus der Politik zurückzuziehen.

Kim Dae Jung, der insgesamt dreimal versucht hat, Staatschef zu werden, war bei den Präsidentenwahlen 1992 seinem politischen Rivalen und ehemaligen Oppositionsführer Kim Young Sam unterlegen und hatte daraufhin verbittert angekündigt, er nehme Abschied von der Politik. Seinen jetzigen Sinneswandel begründete Kim am Dienstag damit, die 1993 an die Macht gekommene Zivilregierung von Staatschef Kim Young Sam und auch die von Lee Ki Taek geführte Demokratische Partei hätten versagt. Deshalb müsse er leider sein Wort brechen, sagte der Comeback-Politiker entschuldigend.

Kim Young Sam war Ende 1992 nach 32 Jahren Militärherrschaft der erste Zivilist, der in Südkorea für fünf Jahre als Präsident gewählt wurde. Laut Verfassung kann er 1997 nicht wiedergewählt werden. Nach einer Serie von politischen Niederlagen und Katastrophen hat er allerdings heute auch nur noch wenig Rückhalt in der Bevölkerung.

Bei Lokalwahlen Ende Juni hatte die Partei des Staatschefs dramatische Stimmenverluste verbuchen müssen. Für die restlichen zwei Jahre seiner Amtszeit muß er deshalb befürchten, wenig Unterstützung für wichtige politische Entscheidungen zu finden. Dazu gehören sowohl die Frage der Politik gegenüber Nordkorea als auch seine politischen Reformpläne auf der südlichen Halbinsel.

Kim Young Sam, dessen Wahlsieg vor zwei Jahren große Hoffnungen auf rasche politische Liberalisierung und einen zivileren Umgang mit der Opposition weckte, hat sich mit seiner autokratischen Art der Regierung viele Feinde gemacht. Das hat seinen langjährigen Gegenspieler in der Opposition, Kim Dae Jung, offenbar beflügelt, erneut von der Präsidentschaft zu träumen.

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