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Schutzzonen dürfen nicht zu Todesfallen werden!

■ betr.: „Bosnien-Krieg zerstört grü nen Friedenskonsens“, taz vom 24. 7. 95

Eine Grundsatzdebatte zu Pazifismus und gewaltfreier Politik, wie sie auch im taz-Artikel durchschimmert, hilft wenig. Angesichts der mörderischen serbischen Aggression in Bosnien muß sich jede und jeder doch fragen, wie die weitere Vertreibung von und wie die namenlosen Verbrechen an Menschen endlich gestoppt werden. Haben wir denn vergessen, daß Srebenica, Žepa, Goražde etc. vor etwa zwei Jahren förmlich unter die Sicherheitsgarantie der UNO gestellt wurden, daß die bosnischen Verteidiger wegen dieser Zusicherung einen Großteil ihrer Waffen abgegeben haben? Was liegt denn näher, als dann auch von UNO und Nato zu fordern, daß sie diese Gebiete wirksam verteidigen? Schutzzonen dürfen nicht zu Todesfallen werden.

Dreieinviertel Jahre internationales Zuwarten, Blauhelme als „neutrale“ Konfliktschlichter und eine löcherige Embargo-Politik haben die serbische (und zeitweise kroatische) Aggression nicht eingedämmt, eine schleichende Eskalation der kriegerischen Entwicklung nicht verhindern können.

Wenn jetzt UNO und Nato nicht Städte wie Goražde und Bihać durch eine glaubwürdige Androhung militärischer Aktionen schützen, sondern sich zurückziehen, wird sich der Bosnien-Krieg weiter verlängern und ausweiten. Was hindert dann Kroatien und Serbien, was hindert selbsternannte Schutzmächte wie die Türkei und Rußland daran, sich zu beteiligen?

Geschichte wiederholt sich nicht, dennoch können wir aus ihr lernen. Die Zurückhaltung der westlichen Demokratien beim Untergang der Spanischen Republik 1936-39, bei der Zerschlagung der Tschechoslowakei 1938/39 hat den Faschisten nur zur Vorbereitung weiterer Angriffe gedient. Eine ähnliche Appeasement-Politik in Bosnien verwandelt Kriegsverbrecher wie Karadžić und Mladić selbstverständlich nicht zu Friedensengeln. Sie ermutigt hingegen ziemlich sicher die nationalistischen Kräfte vieler anderer Länder, auf ihre Weise ethnische Trennungen und Vertreibungen durchzusetzen. Le Pen läßt grüßen.

Daher unterstütze ich nachdrücklich die Pläne verschiedener Gruppen, just am Vorabend des 1. September in Berlin eine große Demonstration in Solidarität für Bosnien zu machen. Hartwig Berger

Wir können den Ansichten der taz in puncto Bosnien nicht zustimmen. Nichts zu tun, nur in Satire zu machen für die, die sich um eine Lösung bemühen, hilft den Betroffenen nun gar nichts. Keine Lösung zu haben für ein Problem, höchstens schöne Träume anbieten zu können, war schon immer etwas typisch Grünes. Aus gewissen Gründen war es dann stets eine Pflicht-Übung für uns (die Grünen), Leute, die eine Problemlösung anboten, zu ridikulieren, ihnen sogar mit Haß zu begegnen. [...]

Wollen wir wirklich in Bosnien nichts weiter tun als zusehen? (Übrigens ein ganz übles Beispiel für die Gefahren in einem Multi-Kulti-Staat, dieses Jugoslawien). [Als was werdet Ihr in Bosnien tätig sein? Als Sanitäter, als Tornado-Piloten? Oder wollt Ihr weiterhin bloß zusehen, wie anderer Mütter Söhne in Bosnien versuchen, die Kastanien aus dem Feuer zu holen? Oder welche Lösung habt Ihr? Was tut Ihr? d.sin] Sabine K., Jens H., Kreuzberg

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