Bremen klassisch

■ Reiseführer mit vielen bunten Bildern, die die Stadt im Licht der 80er zeigen.

Rathaus

Bei den klassischen Themen eines Reiseführers zeigt dieser Band, was die Kombination aus Farbbild und Erklärungstext leisten kann. Eine doppelseitige Ansicht des Rathauses verschafft eine Gesamtübersicht, die durch Detailaufnahmen ergänzt wird. So gelingt es, die Symbole und Allegorien zu erläutern. Auch scheut man sich nicht, die Legende, auf der das Märchen von den Bremer Stadtmusikanten beruht, noch einmal zu erzählen.

Böttcherstraße

Der Artikel zur Böttcherstraße liefert eine kurze knappe Darstellung zu Geschichte und Stellenwert dieses Tourismusmagneten der obersten Kategorie. Auf die Vorgeschichte des Ortes wird kurz eingegangen und die soziale Situation in der ehemaligen Hafengegend skizziert. Auch die alte Kontoverse zwischen Nationalsozialisten und Mäzen Roselius um die in den 30er Jahren fertiggestellte Böttcherstraße gewinnt noch einmal Kontur.

Worpswede

Die traditionsreiche Künstlerkolonie Worpswede würdigt man bei Edition Temmen ausführlich und kenntnisreich. Einer Chronik des Dorfes, das lange vom Torfstechen lebte, folgen Porträts der Worpsweder Maler: Mackensen, Vogeler, Modersohn, Clara Westhoff, Fritz Overbeck, Richard Oelze. Das Buch verschweigt auch die Nähe Fritz Mackensens zur NSDAP nicht. Ein Rundgang durch Worpswede, bei dem kein Highlight ausgelassen wird, schließt sich an. Der Lageplan Worpswede entbehrt allerdings jedes praktischen Nutzens.

Food

Ob das Café Engel am Ostertorsteinweg wirklich ein Yuppie-Treff (gibt's die überhaupt noch?) ist, wie der Führer meint, sei dahingestellt. Und ob Humphrey Bogart unweit davon, in den Räumlichkeiten des „Casablanca“ wirklich bereit wäre, „jederzeit mit dem Drehen eines neuen Films“ zu beginnen – geschenkt. Der „Gastronomische Bummel“ bei Temmen ist ansonsten solide. Cafés, Bistros, Gartenlokale, Kneipen, Nachtcafés, Diskotheken heißen die Rubriken. Und erst dann: „Gepflegt Essen & Trinken“, worauf als erstes der Filialist „Friesenhof“ erwähnt wird. Worauf der Führer sich kurz mit den Bremer Standards im oberen Preissegment beschäftigt (L'Orchidée, Fiskboden, Gans im Schnoor). Ein kurzer Abschnitt ist dem sog. „schnellen Hunger“ gewidmet: Hamburger-Bratereien werden hier ebenso ausgeklammert wie Baguetterien oder Delikatessen-Geschäfte. Ist der schnelle Hunger nur mit Gyros zu bekämpfen?

Service

Service-Teile in Reiseführern sind kosten-, weil rechercheintensiv. Im Service-Kapitel müssen Reisebücher Farbe bekennen. Bei Temmen wird ein Index „Bremen von A – Z“ angeboten, von Antiquitäten bis Verkehrsclubs. Adressen werden rubrikenweise alphabetisch aufgelistet, Telefonnummern und Öffnungszeiten. Wären dem Index nicht ein paar (harmlose) Farbfotos beigegeben, machte der Service-Teil so viel Lust zum Lesen wie die Gelben Seiten. Wenig Sinnenfreude kommt da in der Rubrik „Gastronomie“ auf: „Internationale Küche“ heißt es da etwa, gefolgt von diversen Ländern und Regionen. Wessen Geschmackspapillen sollen über diese staubtrockene Liste angeregt werden?