piwik no script img

Geldvermehrer aufgeflogen, Anleger reingefallen

■ 25.000 Anleger mit 20-Prozent-Renditen geködert / 300 Millionen Mark sind weg

Hannover (taz) – Die Konten leer, das Anlagevermögen von 300 Millionen verschwunden, zwei Geschäftsführer in Haft – von der Justiz wurde jetzt in Hannover die Kapitalanlagegesellschaft „Plus Concept GmbH“ liquidiert, die über 25.000 bundesdeutsche Anleger mit hohen Renditen gelockt und anschließend betrogen hat.

Nach Angaben der hannoverschen Staatsanwaltschaft haben die „Plus Concept“ und die mit ihr verbundene Düsseldorfer „FT Consulting“ nach dem simplen Schneeballprinzip geschröpft: Die Geschäftsführer der beiden Firmen sollen ihre Kundschaft systematisch über die Verwendung der Anlagegelder und aufgelaufenen Renditen getäuscht haben. Die versprochenen 20-Prozent-Renditen wurden keineswegs in den USA erwirtschaftet, sondern alte Kunden wurden, wenn überhaupt, „aus neu angelegten Geldern“ ausgezahlt – dies immerhin fünf Jahre lang.

Erste Strafanzeigen gegen die Plus Concept lagen der hannoverschen Staatsanwaltschaft bereits im Jahre 1993 vor. Allerdings klappte bis Ende 1994 das Geldrecycling der Minus-Spezialisten reibungslos. Erst Anfang dieses Jahres stellten die Geldvermehrer die Zahlungen an ihre Kunden ein und entschuldigten dies zunächst mit „banktechnischen Schwierigkeiten“, dem Wechsel zu einer anderen Hausbank. Bis zum Zugriff der Justiz verging noch ein weiteres halbes Jahr. Die Anwälte einiger Anleger, die den Gesamtschaden sogar auf 500 Millionen Mark beziffern, reichten im Mai beim niedersächsischen Justizministerium sogar eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die ermittelnden Staatsanwälte ein. Auch danach dauerte es noch einmal zwei Monate bis zum Zugriff der Justiz.

Die Sprecherin des Justizministerium stellte sich allerdings uneingeschränkt vor die hannoverschen Ermittler. Zunächst habe es über Jahre schließlich keine Geschädigten gegeben, da die Plus Concept die versprochenen Renditen stets gezahlt habe. Erst durch eine Überprüfung aller Konten, die sich dann als abgeräumt erwiesen, habe man den seit Jahren im Raume stehenden Tatverdacht erhärten können. „Diejenigen, die sich auf solche Risikogeschäfte einlassen“, schrieb die Ministeriumssprecherin gestern den Geprellten ins Stammbuch, „können von der Justiz nicht verlangen, daß sie prophylaktisch tätig wird.“ Jürgen Voges

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen