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Anschlag auf Lürssen-Werft verpufft

■ Schon am Montag ging der Sprengsatz bei Lürssen hoch - Rüstungs-Werft merkte nichts davon

Auf der Lürssen-Werft in Lemwerder hat es einen Sprengstoffanschlag gegeben – und keiner hat's gemerkt. Am Montag morgen gegen 4.15 Uhr ging der Sprengsatz hoch, riß eine kleine Mulde (25 x 35 cm) in die Betonwand der Werkshalle und die Nachbarn aus dem Schlaf. Die verstörten Anwohner meldeten den Knall der Feuerwehr. Doch die konnte „nicht viel damit anfangen“, berichtet Kriminaloberrat Gerd Krüger von der Delmenhorster Polizei.

Auch den Arbeitern, die rund zwei Stunden nach dem Anschlag zur Schicht eintrudelten, fiel nichts Ungewöhnliches auf. Als die Feuerwehr wenig später bei der Rüstungsschmiede anfragte, ob es „vielleicht eine Explosion oder ähnliches“ gegeben habe, schüttelten die Arbeiter nur verständnislos den Kopf. Die anderen Firmen im Industriegebiet verneinten die Nachfrage der Feuerwehr ebenfalls – der „Fall“ wurde zu den Akten gelegt.

Daß der Anschlag verpufft war, mußte derweil auch den Frauen der „Roten Zora“ aufgegangen sein. Am Dienstag hatten sie sich in einem siebenseitigen Brief an die taz zu der Aktion bekannt. „Lürssen liefert seit Jahren Militärschiffe in die Türkei,“ begründeten sie das den Sprengstoffanschlag.

Die „Rote Zora“ versteht sich als „militanter Teil der Frauenbewegung“. Für den Namen der Gruppe stand das gleichnamige Jugendbuch des Schriftstellers Kurt Held Pate. Der sozialkritische Autor ging 1933 ins Schweizer Exil. In seinem Buch beschreibt er die Geschichte eines Mädchens, das sich gegen alte Strukturen und Vorurteile durchsetzt. Die Organisation spaltete sich 1973 von den Revolutionären Zellen ab. Zwischenzeitlich haben sich die „revolutionären Schwestern“ zu über 30 Sprengstoffanschlägen bekannt. 1987 verübten die Terroristinnen Sprengstoffanschläge auf die Filialen der Bekleidungsfirma „Adler“ im ganzen Bundesgebiet. Sachschaden: cirka 30 bis 35 Millionen Mark. Auch in der Bremer Filiale brannten die Kleiderständer. Die „Rote Zora“ wollte mit den Anschlägen die „beschissenen Lebens- und Arbeitsbedingungen“ der rund 3.200 Arbeiterinnen der Firma in Süd-Korea anprangern. Anfang des vergangenen Jahres legte die Gruppe in einer Bankfiliale der Deutschen Bank in Oldenburg einen Sprengsatz. Der Blindgänger explodierte nicht. Die „Rote Zora“ warnte die Polizei, noch bevor der Publikumsverkehr einsetzte.

Nachdem der Anschlag diese Woche ohne Resonanz blieb, rief am Mittwoch eine „Rote Zora“ bei einer Bremer Pastorin an und ließ die Nachricht von der Bombe platzen: „Auf dem Gelände der Lürssen-Werft ist ein Sprengsatz versteckt. Wenn er nicht bald gefunden wird, passiert etwas Schreckliches.“ Nach dem Anruf der Pastorin ging die Polizei bei Lürssen auf Bombensuche, sagt Krüger. „Wir standen ziemlich dumm da, weil das Gelände so groß ist.“ Nach zwei Stunden waren die Sprengstoffhunde erschöpft. Am nächsten Tag rückte die Polizei gegen 15 Uhr erneut an, schickte die Arbeiter nach Hause und durchkämmte mit mehr als 100 Beamten das Gelände. „Nach einer halben Stunde hatten wir das Loch in der Mauer entdeckt“, erzählt Krüger. „Wir waren froh, denn wir hatten mit einem Blindgänger gerechnet.“ Wie hoch der Sachschaden ist, mag der Kriminalrat nicht schätzen. „Ich glaube, da nimmt einer eine Kelle und schmiert das Ganze wieder zu.“

Die Geschäftsleitung der Lürssen-Werft will sich nicht zu dem Anschlag äußern. Mit der Presse habe man „so seine Erfahrungen“, sagt ein Mitarbeiter der Rüstungsschmiede.

Die Werft, auf der hauptsächlich Kriegsschiffe gebaut werden, geriet zuletzt im Zusammenhang mit der Ermordung des Beschaffungschefs der taiwanesischen Marine ins Zwielicht. Der Mann wurde im Dezember 1993 auf dem Weg zu einem Lürssen-Vertreter in Taiwan ermordet. In der Tasche soll er eine „Einladung für Geschäfte mit Rüstungsgütern“ – so die offizielle Bezeichnung des Dokuments – gehabt haben. Bisher hatte nur die Werft Abeking und Rasmussen aus Lemwerder Kriegsschiffe nach Taiwan geliefert. Der geplante Einstieg von Lürssen führte zu starken Konflikten innerhalb der Marine. Es wird vermutet, daß der Marine-Beschaffungschef Opfer dieser Querelen wurde. Bei der Lürssen-Werft sind die Arbeiter inzwischen zur Tagesordnung übergegangen. „Mir sitzt der Schock noch in den Knochen“, räumt Fertigungsleiter Klaus Hanebaum ein. „Die Leute waren ruhig, tapfer und sehr diszipliniert“, erzählt er. „Wir arbeiten weiter wie bisher – in jeder Beziehung.“ kes

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