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„Multikulti verwelkt“

Kritik an Polizei-Knüppeleinsatz und Straßensperren gegen KurdInnen in Frankfurt am Main  ■ Von K.-P. Klingelschmitt

Die hessische CDU verteidigte gestern den harten Knüppeleinsatz der Polizei, Straßensperren und Kontrollen gegen kurdische DemonstrantInnen. Sie forderte, daß auch weiter „entschlossen eingegriffen“ werden müsse, „wenn Kurden durch die Austragung ihrer Konflikte auf deutschem Boden unbeteiligte Dritte gefährden“. Dagegen protestierte der Initiativausschuß Ausländische Mitbürger in Hessen gegen die „brutale Auflösung des Hungerstreiks“. Ausländerpfarrer Detlef Lüderwaldt sagte, daß Frankfurt seinen „guten Ruf in Sachen Ausländerpolitik“ durch die Ereignisse an der Katharinenkirche „verloren“ habe: „Das multikulturelle Flair der Stadt ist verwelkt.“

Währenddessen war die Polizei auch in der Nacht zum Montag, zu Beginn des Sommerschlußverkaufs, rund um die Hauptwache präsent. Viele Passanten waren am Sonntag durch den Untergrund geirrt und hatten sich beschwert, daß sie ihre S-Bahnen nur durch ein einziges Gittertor erreichen und verlassen konnten. Auf den von der Polizei abgeriegelten Autobahnzufahrten zur Stadt stauten sich die Fahrzeuge kilometerlang. 178 kurdischen Verkehrsteilnehmern wurde die Einfahrt nach Frankfurt verwehrt.

Das „Hungerstreikkomitee“ machte gestern in einer Presseerklärung die neue Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) für die „eskalierende Kriminalisierung von Kurdinnen und Kurden in Frankfurt“ verantwortlich. Sie sei entschlossen, die harte Linie von Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) auch in der Mainmetropole umzusetzen und schloß eine „Lösung der Kurdenfrage mit gewalttätigen Mitteln“ aus. Als „Hetzjagd auf südländisch aussehende Passanten“ bezeichnete das Komitee die Polizeiaktionen in der Stadt. Wer sich bei einer Befragung dazu bekannte, Kurde zu sein, wurde vorübergehend festgenommen und dann mit einem „Platzverweis“ für Konstablerwache, Zeil und Hauptwache fortgeschickt. Insgesamt traf das laut Polizeibericht 83 Menschen.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) ImmigrantInnen und Flüchtlinge bei den Bündnisgrünen verurteilte die Anschläge auf Einrichtungen von türkischen EinwanderInnen in Deutschland. Der Sprecher der BAG, Ozan Ceyhun, warnte allerdings vor „vorzeitigen Schuldzuweisungen“, die nur dazu dienten, bereits geplante Abschiebungen von kurdischen Asylsuchenden zu legitimieren.

Ein Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte das PKK-Verbot in Deutschland. Die in die Illegalität gedrängte PKK, so die GdP, lasse sich heute weitaus schwerer beobachten und mit V-Leuten unterwandern als vor dem Verbot.

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