: Abschiebe-Abc: Wieviel Fluggesellschaften verdienen
Abschiebehaft wird immer mehr zum Regelfall. Sie wird auch verhängt und verlängert, wenn feststeht, daß eine Abschiebung aus technischen Gründen nicht erfolgen kann oder der Heimatstaat nicht gewillt ist, den Häftling zurückzunehmen. Obwohl Abschiebehaft keine Strafhaft ist, sind Menschen unter Bedingungen inhaftiert, die häufig schlechter sind als in Justizvollzugsanstalten. Kranke und Minderjährige werden nicht verschont. So abzuschieben ist rechtswidrig.
Auch die Abschiebung vollzieht sich oft unter haarsträubenden Bedingungen. Besonders afrikanische Flüchtlinge werden in regelrechten „Rundreisen“ durch die Botschaften verschiedener afrikanischer Länder geschleust. Dort werden sie als deren Staatsbürger „angeboten“. Pro Asyl liegen Informationen vor, daß etwa in Kinshasa (Zaire) Menschen aus Angola, Gabun oder Ruanda gestrandet sind, die man aus Deutschland abgeschoben hat.
Was bisher noch die Praxis einiger Ausländerbehörden ist, soll demnächst Modell werden. Die Innenministerkonferenz läßt zur Zeit prüfen, ob und wie es bei Menschen mit ungeklärter Staatsangehörigkeit möglich ist, sie aus Deutschland zu schaffen. Gedacht ist daran, mit Staaten einer „Gesamtregion“, die Menschen auch ohne Nachweis der Staatsangehörigkeit aufzunehmen bereit sind, Rückführungsabkommen zu schließen. Im Klartext: Preiswerte Flüchtlingsparkplätze in Drittländern sind geplant.
Fluggesellschaften, in deren Maschinen AusländerInnen aus Deutschland abgeschoben werden, haben in den vergangenen fünf Jahren über 45 Millionen Mark verdient. Allein 1994 haben etwa 6.000 BGS-Beamte AusländerInnen bei „befürchtetem Widerstand“ auf rund 3.800 Flügen begleitet. Eine weitere Steigerung ist für das Haushaltsjahr 1995 eingeplant. Widerstand der Zwangspassagiere wird auch schon mal mit Knebeln und Spritzen gebrochen.
Im Fall des Nigerianers Kola Bankole, der am 30. August 1994 an Bord einer Lufthansamaschine starb, ermittelt ein Jahr nach seinem Tod noch immer die Staatsanwaltschaft.
Quelle: Pro Asyl
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen