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Kontrollierte Selbstjustiz

■ Londoner Polizei geht hart gegen mutmaßliche Straßenräuber vor

London (taz) – Mit einem Paukenschlag hat die Londoner Polizei gestern ihre lang angekündigte – und kontroverse – Aktion zur Ausmerzung der Straßenkriminalität eingeleitet. In einer ganzseitigen Anzeige in der Londoner Abendzeitung Evening Standard versprach die Metropolitan Police den „größten Schlag gegen Straßenraub, den es je gegeben hat“. Zugleich stellte sie ihren neuen Jahresbericht vor: Die Zahl der gemeldeten Verbrechen ist demnach in London 1994 wie bereits im Vorjahr weiter zurückgegangen. Allerdings gab es einen Anstieg registrierter Raubüberfälle, für die vor allem Jugendliche unter 16 Jahren verantwortlich sein sollen.

Die sogenannte Operation Eagle Eye („Adlerauge“) war auf heftige Kritik gestoßen, als Londons Polizeichef Condom bei ihrer Ankündigung im Juli erklärt hatte, 80 Prozent aller Straßenräuber seien Schwarze. Condom beteuerte, hinter seiner Aussage stehe keine rassistische Absicht, die Aktion richte sich nicht gegen unschuldige junge Schwarze.

Doch die Realität sieht etwas anders aus. So trat am Donnerstag abend eine Polizeipatrouille in der Charing Cross Road, die im Herzen des Londoner Westend liegt, erst dann in Aktion, als ein schwarzer Autofahrer vorbeifuhr. Er mußte sich ausweisen und erklären, woher er kam und wohin er wollte. Alle anderen ließen die Beamten unbehelligt. Wie mit der Kontrolle von Autofahrern gerade tatverdächtige Jugendlichen unter 16 Jahren gefaßt werden sollen, ist unklar.

Bei der „Operation Adlerauge“, die in den britischen Medien sogleich „Operation Samthandschuhe“ getauft wurde, geht es laut Polizei nicht um spektakuläre Razzien. Jetzt sollen vielmehr Überwachungstechniken gegen Straßenraub eingesetzt werden, die bislang der Bekämpfung des organisierten Verbrechens und des Einbruchdiebstahls dienten. Zu diesem Zweck wurden in 16 Innenstadtbereichen verdeckte Agenten und Überwachungskameras eingesetzt.

Vor allem sollen Opfer von Straßenraub sich sofort nach der Tat an der Verfolgung der Täter im Polizeiwagen beteiligen dürfen, um diese gleich identifizieren zu können. Diese Art kontrollierter Selbstjustiz ist ein Indiz für ein verändertes gesellschaftliches Klima. Dies zeigte sich auch kürzlich in einem Gerichtsurteil in der nordenglichen Industriestadt Leeds: Ein 18jähriger wurde dort zu lebenslanger Haft verurteilt, weil er auf der Straße einem Passanten die Armbanduhr und einige Kleidungsstücke geraubt hatte. Dominic Johnson

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