Zinkbrösel und Nitrat im Wasserglas

30 Milligramm Nitrat pro Liter können die Schutzschicht von Wasserrohren auflösen. Was zur Korrosion von Metall führt, gilt für die Mägen von Babys als unbedenklich  ■ Aus Eichstätt Manuela Knipp-Dengler

Wo nitrathaltiges Trinkwasser aus dem Wasserhahn strömt, ist eine Zinkbelastung manchmal auch nicht weit. Das hat der TÜV Bayern-Sachsen festgestellt. Bei Nitratwerten ab 30 Milligramm kann sich die als Schutz gegen's Durchrosten verwendete Zinkschicht in Wasserleitungen auflösen.

Aktiv geworden waren die Experten auf Antrag eines Wohnhausbesitzers im Landkreis Eichstätt. In seinem erst 1993 erbauten Heim rieselten ständig winzige Brösel aus der Wasserleitung. Anhand eingeschickter Rohrteile stellte der TÜV fest, daß die Zinkschicht an manchen Stellen sogar „bis zum Rohrgrundwerkstoff abgetragen ist“. Als Ursache macht der TÜV den hohen Nitratgehalt in Kombination mit dem Säuregehalt des Wassers verantwortlich. Im Prüfbericht heißt es: „Die Wahrscheinlichkeit für Schäden durch diese Korrosionsart ist dann gegeben, wenn im Medium Kaltwasser der Nitratanteil relativ hoch ist, und der pH-Wert nahe dem neutralen Bereich pH7 liegt.“

Wasserproben in Eichstätt ergaben einen Nitratgehalt zwischen 31 und 37 Milligramm pro Liter; in den Brunnen im Altmühl-Jura sind 30 Milligramm mittlerweile keine Seltenheit mehr. Aber obwohl derartige Konzentrationen Zink ablösen können, liegt der deutsche Grenzwert wesentlich höher. Erst bei 50 Milligramm Nitrat pro Liter Trinkwasser wird Vätern und Müttern geraten, Babynahrung lieber mit Mineralwasser anzurühren; die EU will den Menschen nur 25 Milligramm zumuten.

Der Geschäftsführer der betroffenen Ingolstädter Baufirma, Jobst Kirchmayer, ist verärgert: Zinkrohre entsprächen dem Stand der Technik. Bislang habe niemand darauf hingewiesen, daß Nitrat die Schutzschicht zersetzen kann. In Eichstätt wird jetzt versucht, dem Rohrfraß mit Hilfe einer Anlage zur Lösung des Nitrats Einhalt zu gebieten. Sollte sich das nicht bewähren, müßten alle Zink- gegen Kunststoff- oder Edelstahlrohre ausgetauscht werden. Kosten für das betroffene Haus: 80.000 Mark.

Der aus dem Landkreis Eichstätt kommende Bundestagsabgeordnete der Grünen, Albert Schmidt, sieht aufgrund des TÜV- Nachweises bereits eine „gigantische Haftungswelle – vergleichbar der Lindanverseuchung in Forsthäusern“ – auf die Bundesrepublik zukommen. Es könne nicht angehen, daß „ahnungslose Häuslebauer oder mittelständische Installationsunternehmen die Rechnung für jahrzehntelang vernachlässigten Trinkwasserschutz bezahlen müssen“. Schmidt schätzt, daß in über 90 Prozent der bundesdeutschen Haushalte Zinkrohre verlegt sind. Und hohe Nitratbelastungen gibt es nicht nur in Bayern.

Gestern stellte der Bündnisgrüne eine kleine Anfrage an die Bundesregierung, um die Tragweite des „Präzendenzfalles“ zu klären. Er will nicht nur über bau- wie haftungsrechtliche Fragen, sondern auch über gesundheitliche Auswirkungen von Nitrat und Zink auf den menschlichen Organismus informiert werden.