piwik no script img

Willkürliche Massenverhaftungen bestätigt

■ Hannovers Innenminister weist Kritik am Polizeieinsatz bei Chaostagen zurück

Hannover (taz) – Völlig willkürlich hat die niedersächsische Polizei an den Chaostagen Massen von Punks verhaftet. Dies haben gestern Innen- und Justizministerium in Hannover bestätigen müssen. Wie Inneminister Gerhard Glogowski gestern vor der Presse erläuterte, hatte man von vornherein eine alte britische Kaserne als Massengefängnis für Punks vorgesehen und auch 1.500 Formulare gedruckt, auf denen die festnehmenden Beamten Gründe für die Ingewahrsamnahme von Punks eintragen sollten.

Die eigens in der Kaserne einquartierten Amtsrichter weigerten sich jedoch in allen Fällen, einer Ingewahrsamnahme der Punks bis zu achtundvierzig Stunden zuzustimmen. Diese Zustimmung ist in Niedersachsen bei einer länger als acht Stunden dauernden Festnahme erforderlich. „Es lag gegen die Betreffenden nichts vor, was eine Ingewahrsamnahme hätte begründen können“, sagte gestern der Sprecher des Justizministeriums und bestätigte damit, daß äußerliche Merkmale für die Inhaftierung auschlaggebend waren. Nach Angaben des Innenministeriums wurden die Punks dennoch oft weit länger als acht Stunden festgehalten, bevor sie unter Bewachung des Bundesgrenzschutzes aus Hannover abgeschoben wurden.

Nur Spott hatte Niedersachsens Innenminister Glogowski für die Kritik aus Rheinland-Pfalz am Polizeieinsatz übrig: Die Forderung des Ministerpräsidenten Ludwig Beck, Chaostage von vornherein zu verbieten, dokumentiere nur dessen Mangel an juristischen Kenntnissen. Das Verbot einer Veranstaltung, bei der es keinen Verantworlichen und keinen Organisator gebe, sei juristisch schlicht nicht machbar. Da könne die Verbotsverfügung nicht einmal zugestellt werden. Zu der Forderung Becks, künftige verdeckte Ermittler gegen die Punks einzusetzen, erklärte das Innenministerium: „Wir können wohl kaum Polizeibeamte zehn Jahre jünger machen und ihnen die Haare bunt färben, damit sie dann monatelang mit den Punks am Bahnhof Bier trinken.“ Jürgen Voges

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen