: Letztes Aufblühen vor dem Tod?
■ Rote Liste für bedrohte Algenarten entsteht an der Bremer Uni
Die entnervten Badegäste, die letzte Woche den Achterdiecksee wegen einer starken Algenwucherung verlassen mußten, werden es kaum glauben, aber viele Algenarten sind vom Aussterben bedroht. Die Arbeitsgruppe Meeresbotanik an der Bremer Uni befaßt sich zur Zeit mit den Gründen des Algensterbens.
Algen in unterschiedlichster Größe und Form wachsen in allen, auch nur zeitweise benetzten Gegenden. Von den weltweit 39 000 Algenarten sind an die 5000 Arten in unseren Breiten zu finden. Das Interesse der Bremer BiologInnen richtet sich auf die Desmidiaceenalge, auch 'Zieralge' genannt. Über die Hälfte der ca. 500 Desmidiaceenarten in Deutschland gehören auf die Rote Liste bedrohter Wasserpflanzen.
Unter der Leitung von Prof. Gunter-Otto Kist und Antje Gutowski sind die Bremer WissenschaftlInnen vom Bundesamt für Naturschutz mit der Erstellung der Roten Liste beaftragt worden. Noch wird der Bestand in den umliegenden Gewässer erfaßt, danach will man dem Land mitteilen, welche Biotope künftig besonders geschütz werden müssen. „Wer die Vielfalt von Vegetation sichern will, muß natürlich auch die Vielfalt der Vegetation unserer Gewässer sichern,“ so Antje Butowski, die mit ihren KollegInnen die 'Beweisführung' für einen gezielteren Umweltschutz aufnehmen will. „Wenn wir Argumente finden können, um Biotope zu schützen, dann werden wir solche Standorte erhalten können,“ meint die Biologin voller Optimismus.
Algen gelten seit jeher als Umweltindikatoren. Viele Algenarten hinterlassen Überreste im Sediment. Im Lauf der Zeit wird das Sediment Stück für Stück geschichtet, die Forscher können also rückwirkend genau datieren wann eine bestimmte Veränderung stattgefunden hat. Zusätzlich können Algen durch ihre empfindliche Reaktion auf Umwelteinflüssen der Gewässerüberwachung dienen. Ein Verfahren, das allerdings wegen der hohen Kosten relativ selten angewandt wird.
Die Blaualgen, die letzte Woche am Achterdiecksee zu einem zeitweiligen Badeverbot führten, gehören zu einer besonders aggressiven und gefährlichen Art. Denn dadurch, daß sie Stickstoff binden entwickeln sie Toxine, die für Mensch und Tier schädlich sein können. Der Verdacht hat sich vorerst nicht bestätigt hat, wie das Wasserwirtschaftsamt mitteilte.
Positives berichten die Bremer WisseschaftlerInnen über den Zustand der Weser. In den letzten Jahren hat sich die Wasserqualität verbessert. Ein Beweis dafür ist möglicherweise, daß man nun darin baden kann, ohne mit den Zehen an aggressiven Wasserpflanzen hängen zu bleiben. Luigi La Grotta
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