: Kaltgestellt und abserviert
■ Für einen heißen Sommerthriller zu lau: Der Krimizweiteiler "Pakt mit dem Tod" (20.15 Uhr, ARD)
Treffen sich ein Deutscher, ein Italiener und ein Franzose, um einen Fernsehkrimi zu drehen. Das Resultat trägt den Titel „Pakt mit dem Tod“ und wird heute und am Sonntag jeweils um 20.15 Uhr im Allerersten als sogenannter „Sommer-Thriller“ aufgeführt werden. Offenbar liegt den hiesigen Koproduzenten etwas an diesem Zweiteiler, sandten sie doch freigebig Ansichtskassetten übers Land. Eine Werbeaktion mit konspirativer Note, denn den geheimnisvollen Videobändern waren nur wenig relevante Informationen beigefügt – selbst über den Sendetermin bewahrte man lange strengstes Stillschweigen.
Die geheimnistuerische Pressearbeit korrespondiert, und hier dürfen wir pure Absicht wittern, mit dem Inhalt des in Rede stehenden Werkes. Da wird also in Paris, derweil er gerade den Raubkatzenkäfig entmistet, ein Tierpfleger kaltgestellt. Schuld sein soll ein akademisch geschulter italienischer Topterrorist im Vorruhestand namens Flavio Morselli. Ist er aber nicht, sondern seinerseits das Opfer einer Verschwörung, die die Ermordung des italienischen Ministerpräsidenten zum Ziele hat.
Diese Hintergründe offenzulegen wird Morsellis Hauptaufgabe im Verlauf des doppelt abendfüllenden TV-Films, denn er geht natürlich der Polizei aus dem Wege, und indem er dies tut, trifft er auf die griesgrämige Regina, die beinahe die größte Liebe seines eilig dem Ende entgegengehenden Lebens geworden wäre. Hört sich wirr an und ist es auch.
Die Exposition beschreibt den „professore“ als jungen, wegen langjähriger Terroristerei leider früh ergrauten Menschen. Nun wird aber Morselli von Giancarlo Giannini dargestellt, der zwar die rollenadäquate Melancholie als unveränderliches Kennzeichen im Reisepaß stehen hat, jedoch keineswegs vorzeitig gealtert ist, sondern kürzlich 53 wurde und deshalb beim besten Willen nicht mehr als Jugendlicher durchgehen kann. Barbara Sukowa wiederum macht sich nützlich als sein frisch erobertes Gespons Regina. Gewohnt mißmutig schlurft die Deutsche durchs Dekor und gibt kryptische Widerrede von sich: „Du bist so allein, daß du dein Gesicht nicht wiedererkennst, wenn du in den Spiegel siehst.“
Fehlt der Sukowa nur ein Kind zum Glück?
Nach einigen Sendeminuten schier unerträglicher Bedeutungsschwangerschaft wird's dann ein wenig luzider: „Für mich zählt nur die Gegenwart. Alles andere ist bedeutungslos geworden.“ Blöd halt, daß in der Gegenwart auch nicht gut Kirschen essen ist. Als im Windschatten der normannischen Küste im Kreise verwitterter Mannsbilder blei- und sorgenschwere Sätze fallen wie: „Es ist so leicht, ihr weh zu tun. Sie ist sehr einsam. Vielleicht braucht sie noch ein Kind“, da läßt sich Frau Sukowa doch lieber herausschreiben aus dem weiteren Geschehen und taucht erst zum Abspann wieder auf, nachdem sämtliche Chauvis ihre wohlverdiente Strafe erhalten haben.
Zwischenzeitlich werden im Großraum Normandie/Paris/Venedig noch einige Agenten erledigt, die dümmsten gleich zu Anfang, die nicht ganz so vernagelten trifft's ein wenig später. Einzig der redliche Christophe Malavoy überlebt das wahnwitzige Durcheinander. Für die Regie dieses Mysterienspiels muß sich Jose Maria Sanchez verantworten. Der Spanier ist um Stilisierung bemüht, sein Kameramann zaubert kunterbunte Neonlichter auf gläserne Telefonzellen, läßt meterhohe Schatten dräuend über Häuserwände geistern und geometrisiert das Szenenbild. Sogar die hingemetzelten Geheimagenten gehen auf äußerst malerische Weise zu Boden. Aber Sanchez beläßt es beim optischen Effekt.
Wo in Anbetracht eines derart bresthaften Drehbuchs die ironisierende Bildsprache der Comics durchaus angebracht gewesen wäre, wo eine konsequente Genreparodie vielleicht noch alles hätte retten können, regieren staubtrockenes Pathos, schwerblütige Gedankenkrämerei und notorischer Bierernst, dargeboten in geschmäcklerischen Bildern. Den Rest besorgen die AutorInnen der deutschen Synchronfassung, für die die Einhaltung einer gewissen inhaltlichen Logik scheint's nicht zum Bestandteil ihres Auftrages gehört. Schweißtreibende Spannung jedenfalls ist von diesem kuriosen „Sommer-Thriller“ nicht zu erwarten. Harald Keller
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen