: Nato führt Krieg gegen Serben
■ Vereinte Nationen und westliche Allianz wollen jetzt die Belagerung aller Schutzzonen militärisch beenden
Sarajevo/Zagreb (AFP/dpa/taz) – Die westlichen Regierungen haben gestern einhellig die Angriffe der Nato-Luftwaffe und der Schnellen Eingreiftruppe der UNO auf Geschützstellungen, Radaranlagen und Kommandostellen der bosnischen Serben begrüßt. Der russische Präsident Jelzin mißbilligte dagegen das militärische Vorgehen von UNO und Nato, aber auch den Granatbeschuß Sarajevos durch die bosnischen Serben.
Während der bosnische Präsident Alija Izetbegović die Luftangriffe nach einem Gespräch mit dem französischen Präsidenten Chirac als „Beginn des Friedens“ begrüßt hatte, forderte die Regierung Restjugoslawiens gestern nachmittag die „sofortige Einstellung“ der Luftangriffe.
Die Bundesregierung sprach von einer angemessenen Antwort auf die „barbarischen Angriffe“ gegen die Menschen in Sarajevo. „Wer mit blankem Terror versucht, den in Gang gekommenen Gesprächsprozeß für eine friedliche Lösung des Konflikts im ehemaligen Jugoslawien zu stören, muß mit entsprechenden Reaktionen der internationalen Staatengemeinschaft rechnen“, erklärte Regierungssprecher Peter Hausmann in Bonn. Deutsche Tornados kamen nach Angaben des Verteidigungsministeriums nicht zum Einsatz.
Bis auf die PDS haben alle Bonner Parteien die Angriffe gerechtfertigt. In ähnlich lautenden Erklärungen hieß es, es gebe kein anderes Mittel, um die leidende Bevölkerung von Sarajevo vor solchen Anschlägen zu schützen und die Belagerung der Stadt zu beenden.
Nato-Generalsekretär Willy Claes erklärte gestern in Brüssel, die Militäraktion sei noch nicht beendet. Der Kommandeur der UNO-Truppen im früheren Jugoslawien, Bernard Janvier, hatte in Zagreb gesagt, das Nato-Bombardement habe die Bedrohung Sarajevos deutlich verringert. Die Angriffe würden jedoch so lange fortgesetzt, bis alle UNO-Schutzzonen frei von militärischer Bedrohung seien.
Als Vergeltung für den Granatangriff auf Sarajevo, bei dem am Montag 37 Menschen getötet wurden, hatten UNO und Nato gestern morgen mit mehr als 60 Kampfbombern Stellungen der bosnischen Serben bei Sarajevo massiv angegriffen. Die Angriffe waren am Tage fortgesetzt worden und auf Regionen bei den UN-Schutzzonen Tuzla und Goražde ausgedehnt worden. Die Schnelle Eingreiftruppe, die unter UNO-Kommando am Berg Igman bei Sarajevo steht, beteiligte sich mit schwerem Artilleriefeuer. Als Reaktion auf die Angriffe haben die bosnischen Serben gestern drei UNO-Stellungen in Sarajevo angegriffen. Die Bevölkerung der Stadt hatte in der Nacht mit Freudentänzen auf die Angriffe reagiert.
Die serbische Nachrichtenagentur SRNA meldete, daß bei den Angriffen bislang zwölf Menschen, darunter fünf EU- Beobachter, getötet wurden. Das bosnisch-serbische Fernsehen in Pale berichtete, daß es Opfer unter der Bevölkerung gegeben habe, vor allem zivile Ziele seien getroffen worden.
Der US-Vermittler Richard Holbrooke reiste nach Belgrad, um mit dem serbischen Präsidenten Milošević die Gespräche über eine politische Beilegung des Krieges auf dem Balkan fortzusetzen. gb
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