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Schneller als jeder Sachverstand

■ Sachsen-Anhalt will gegen Angela Merkels Anweisung klagen, in Morsleben mittelaktiven Atommüll einzulagern

Magdeburg (taz) – Bundesumweltministerin Angela Merkel hat es mächtig eilig. Noch am Donnerstag hieß es aus ihrem Ressort, daß das von Merkels Magdeburger Amtskollegin Heidrun Heidecke (Bündnis 90/Die Grünen) verfügte Verbot der Einlagerung mittelaktiver Abfälle im Lager vermutlich am Freitag nicht auf der Tagesordnung des Bundeskabinetts stehen werde. Die Sachprüfung der von Heidecke vorgetragenen Sicherheitsbedenken benötige noch einige Zeit, hieß es. Zeit, die Angela Merkel offenbar nicht hatte. Ohne das Ergebnis der Sachprüfung im eigenen Haus abzuwarten, ließ sie sich vom Bonner Kabinett eine atomrechtliche Weisung abnicken, mit der Heidecke gezwungen wird, ab heute wieder zuzulassen, daß Fässer mit Atommüll wie zu DDR- Zeiten von der einen Sohle in die darunterliegende geworfen werden. Das Land darf auch weiterhin den Betrieb dieser radioaktiven Müllkippe nicht mehr behindern. Alle künftigen verwaltungs- und atomrechtlichen Schritte gegen das Endlager muß sich Heidecke überdies künftig vorab von Merkel absegnen lassen.

Möglicherweise stehen Transporte mit mittelaktiven Abfällen unmittelbar bevor. Anders ist kaum zu erklären, daß Angela Merkel vor Abschluß der Sachprüfungen im eigenen Haus die gravierenden Sicherheitsbedenken aus Magdeburg als „politische Stimmungmache“ abtut. Anders als Merkel sieht beispielsweise die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in einem vom Bundesamt für Strahlenschutz jüngst veröffentlichten Gutachten die Standortsicherheit des Lagers lediglich für die Betriebsphase bis zum Jahr 2000 nachgewiesen.

Und auch im Bundesumweltministerium selbst gibt es durchaus Zweifel, ob die Langzeitsicherheit über das Jahr 2000 hinaus tatsächlich nachgewiesen werden kann. „Ein Weiterbetrieb über den 30. Juni 2000 hinaus erfordert ein Planfeststellungsverfahren, das angesichts der geologischen Situation mit Schwierigkeiten und Risiken behaftet ist“, heißt es in einem ministeriumsinternen Strategiepapier „zur weiteren Entwicklung der friedlichen Nutzung der Kernenergie“ vom März dieses Jahres.

Die verstürzten mittelaktiven Abfälle lassen sich jedoch selbst dann nicht mehr zurückholen, wenn sie es wegen der fehlenden Langzeitsicherheit müßten. Heidrun Heidecke prüft deshalb, ob sie juristisch gegen die atomrechtliche Weisung aus Bonn vorgeht. Zumal sie überhaupt keine Lust hat, in drei Klagen gegen das Land vor dem Oberverwaltungsgericht Magdeburg, die im November verhandelt werden sollen, Merkels Positionen zu vertreten. Eberhard Löblich

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