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Costeau fordert Notbremse

■ Costeau und Wissenschaftlergewerkschaft verlangen Verzicht auf die Bombe / Test-Berichte dementiert / Schiff gekapert / Australien bestellt Botschafter ein

Berlin (AFP/AP/rtr/taz) – Der französische Meeresforscher Jacques-Yves Cousteau hat Staatspräsident Jacques Chirac aufgefordert, auf die bevorstehende Wiederaufnahme der Atombombenversuche zu verzichten. „Stoppen Sie, stoppen Sie sofort! Glauben Sie nicht, daß eine solche Entscheidung Ihrem Ansehen schaden würde“, sagte der 85jährige gestern. „Man schützt ein Land nicht durch unterirdische Explosionen“, betonte der weltweit wohl bekannteste Franzose. Cousteau zeigte sich erstaunt, daß Chirac, zu dem er „sehr gute Beziehungen“ habe, ihn vor der Entscheidung nicht angehört habe. Dies zeige die „Macht der Atomlobby“.

Gegen die Atomtests sprachen sich gestern auch die Wissenschaftlergewerkschaft Syndicat National des Chercheurs Scientifique (SNCF) aus. Die Erklärung Chiracs für die Tests seien nicht glaubwürdig und die Verfeinerung von Massenvernichtungswaffen sei für die Sicherheit und Stabilität Europas nicht zuträglich, so die Wissenschaftler. Unterzeichnet hatte den Brief auch die deutsche Wissenschaftlervereinigung „Naturwissenschaftlerinitiative – Verantwortung für den Frieden“. Diplomatisch wird die französische Regierung derweil mit immer härteren Bandagen angegangen. Gerüchte, daß Frankreich seinen Atomtest gestern morgen (Ortszeit) vornehmen wollte, hatten zu einer heftigen Intervention der US-Regierung geführt. Mitarbeiter von US- Präsident Bill Clinton hatten den Franzosen unmißverständlich klargemacht, daß ein Atombombentest, während Clinton sich im Pazifik auf Hawaii aufhalte, zu einer eindeutigen Verurteilung durch den US-Präsidenten führen würden.

Heftig mit den Franzosen ins Gericht ging gestern auch die australische Regierung. Der australische Außenminister Gareth Evans bestellte den französischen Botschafter ein und verlangte eine Erklärung für die Beschlagnahme der beiden Greenpeace-Schiffe. Vor allem die „Greenpeace“ sei außerhalb der 12-Meilen-Zone gekapert worden. Unterdessen hatte die französische Marine gleich noch ein weiteres Schiff gekapert. Es handelte sich um den unter französischer Flagge fahrenden Segler „Kidu“ mit zwei Mann Besatzung. Die Kidu wurde innerhalb der 12-Meilen-Zone aufgebracht.

Gleichzeitig dementierte die französische Marine einen Bericht der neuseeländische Marine, sie habe schon am Samstag einen ersten Test durchgeführt. Ein Schiff der neuseeländischen Marine hatte in der Nähe des Atolls mit speziellem Unterwassergerät Erschütterungen wahrgenommen. Die französischen Streitkräfte teilten hingegen mit, es habe keinen Test gegeben. Wenn getestet werde, werde dies der Öffentlichkeit auch mitgeteilt, so ein Marinesprecher.

Greenpeace verlangte gestern die Freilassung der Mitarbeiter der Umweltorganisation. Ein Greenpeace-Sprecher warf der französischen Regierung vor, den Protest mit Gewaltmethoden einschüchtern zu wollen.

In der mittelfranzösischen Stadt Clermont-Ferrand hatten angeblich Atomtestgegner in der Nacht zum Montag an einem Gebäude der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft EDF die Tür beschädigt. In den umliegenden Häusern gingen einige Fensterscheiben kaputt. Auf einer Mauer wurden Inschriften wie „Chirac – Schluß mit der Bombe“ entdeckt. Die Wiederaufnahme der Atomversuche hatte auch in Frankreich Proteste hervorgerufen. Anschläge waren bislang aber nicht bekanntgeworden.

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