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Schwarz-rot-grüne Stadtregierung

■ Frankfurts OB Roth (CDU) will freiwerdende Posten mit Parteifreunden besetzen

Frankfurt/Main (taz) – Natürlich wäre die neue Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) den Kämmerer und Umweltdezernenten von den Bündnisgrünen, Tom Koenigs, gerne los. Irgendwann, so wurde aus ihrem Umfeld signalisiert, sei halt Schluß, hatte der doch seiner Oberbürgermeisterin „Nachhilfestunden“ angeboten, weil sie seinen „Doppelsparhaushalt“ (Koenigs) zunächst nicht mittragen wollte.

Doch schließlich akzeptierte Roth die Vorlage ohne weitere Einwände. Ihr ist – im Gegensatz zu vielen ihrer bärbeißigen Parteifreunde aus der Unionsfraktion im Römer – klargeworden, daß sie mit Koenigs und mit all den anderen gewählten DezernentInnen von SPD und Bündnisgrünen wird leben müssen. Denn Mehrheiten für die Abwahl der Magistratsmitglieder aus den Reihen der neuen Oppositionsfraktionen sind im Römer nicht in Sicht. Auf sechs Jahre sind etwa Koenigs und die bündnisgrüne Schuldezernentin Jutta Ebeling gewählt.

Bei der Wiederwahl scheiterte seinerzeit die Gesundheitsdezernentin Margarethe Nimsch. Sie muß nun zum 15. September ihren Platz ebenso räumen wie der sozialdemokratische Baudezernent Hanskarl Protzmann. Die Vakanzen bieten Roth die willkommene Gelegenheit, eigenes personalpolitisches Profil zu zeigen. Heute will sie ihre Kandidaten für die beiden Posten vorschlagen, beide sollen aus den Reihen der CDU kommen.

Doch die CDU verfügt im Stadtparlament über keine hinreichende Mehrheit. Über die verfügen SPD und Bündnisgrüne rein rechnerisch zwar noch immer. Doch zum einen gibt es keine Koalition in der Opposition. Und zum anderen können es sich weder die Sozialdemokraten noch die Bündnisgrünen politisch leisten, das klare WählerInnenvotum für Petra Roth zun ignorieren.

„Allparteienmagistrat“ heißt deshalb das Zauberwort im Römer. Sowohl Bündnisgrüne als auch Sozialdemokraten haben bereits signalisiert, daß sie bereit seien, zwei Christdemokraten mit in den Magistrat zu wählen – „wenn die KandiatInnen akzeptabel sind“ (Bündnisgrüne). Im Gegenzug erwarten die Ex-Regierungsparteien, daß Petra Roth ihre DezernentInnen nicht antastet. Und weil Roth ohnehin die „Oberbürgermeisterin für alle FrankfurterInnen“ sein will, ist sie – noch unterderhand – bereit, sich auf den Handel einzulassen. Selbst der widerborstige Kämmerer, so Roth in einem Gespräch mit der Spitze der SPD in der vergangenen Woche, könne weiter in Amt und Würden bleiben.

Keine Partei im Römer will offenbar vor den Kommunalwahlen 1997 eine andere vergrätzen. Die SPD setzt schon heute wieder auf eine Resurrektion der rot-grünen Koalition nach den nächsten Kommunalwahlen. Und deshalb werden die Sozialdemokraten einen Teufel tun und – zusammen mit der CDU – grüne DezernentInnen abwählen. Und bei der CDU spekulieren vor allem die fortschrittlichen Kräfte darauf, daß bei den Bündnisgrünen die Debatte um eine schwarz-grüne Stadtregierung andauert – vor allem dann, wenn es die SPD nicht schaffen sollte, aus dem Tal der Tränen herauszukommen. Falls Roth von ihrer Ressortkompetenz Gebrauch machen sollte und dem Umweltdezernenten Koenigs – wie von Hardlinern der Union gefordert – die Kämmerei entziehen sollte, wäre diese Option „gestorben“, heißt es bei den Grünen. Und auch das ehrenamtliche Dezernat für Multikultur sei „unantastbar“.

Doch noch ist auch die große Koalition im Römer möglich. Roth lockte die SPD in der vergangenen Woche: mit der Inaussichtstellung der Besetzung der Bürgermeisterposition nach dem Ausscheiden von Bürgermeister Moog (CDU) aus dem Amt. Einige vorwitzige Genossen haben bereits die Kulturdezernentin Linda Reisch als kommende Bürgermeisterin und Stellvertreterin von Roth auf den Schild gehoben. Und Roth soll sich auf die Zusammenarbeit mit „Lovely Linda“ (Bündnisgrüne) angeblich schon freuen.

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