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Raumfahrt-Standort Bremen gerettet?

■ Großer Schulterschluß für Raumfahrt-Standort Bremen / Hattig: Wir sind noch Nummer 1

Der Raumfahrt-Standort Bremen der Dasa scheint gesichert. „Forschungsminister Rüttgers ziert sich noch ein bißchen“, weil er die französischen Kollegen nicht brüskieren wolle, aber im Grunde sei die Sache gelaufen, sagt Betriebstratsvorsitzender Reiner Nürge von der Dasa/Erno.

Hintergrund des Streites um den europäischen Anteil an der Weltraumstation ALPHA: Vor wenigen Wochen hatte der französische Technologie-Minister erklärt, unter dem Kostendruck wolle Frankreich bei der ESA-Ministerkonferenz Ende Oktober erreichen, daß das unter bremischer Systemführerschaft geplante Element der Raumstation („Columbus Orbital Facility“, COF) nicht gebaut werden sollte, dafür das unter französischer Systemführerschaft stehendes Transport-Vehikel CRV. Aber sowohl Russen wie die USA hätten eigene Transport-Systeme. „Das CRV will keiner mehr nutzen, weder die Amerikaner noch die Russen“, sagt Nürge. Daß ein Beitrag zu der Raumstation, den keiner nutzen will, kein Beitrag mehr ist, müßten die Franzosen am Ende auch einsehen. Nur „Rückzugsgefechte“ seien das, was die französische Technologiepolitik in dieser Sache derzeit noch veranstalte.

Josef Kind, Vorstand der Geschäftsführung und der Leiter des Produktbereiches Raumfahrt der Dasa, wollte gestern in der Bremer Handelskammer so weitgehende Einblicke in die interne Verhandlungslage nicht gewähren. Bis zum letzten Moment, meinte er, seien in diesen komplizierten europäischen Verhandlungen, bei denen es um Zukunfttechnologie, viel Geld und Macht geht, Überraschungen möglich. Immerhin gehe es bei dem 380 Quadratemter großen Weltraum-Forschungs-Labor COF um ein Projekt, das bis zum Jahre 2000 vier Milliarden Mark koste. Deutsche Beteiligung dabei: ca. 1,2 Milliarden. Ein erheblicher Teil des Forschungsetats (jährlich 1 Milliarde) geht so für ein Projekt der bemannten Raumfahrt weg, hunderte anderer Projekte und wissenschaftlichen Instutionen teilen sich den Rest. Auch Konkurrenz innerhalb des Bundesforschungs-Ministeriums ist also normal und selbstverständlich.

Vor diesem Hintergrund ist der „Schulterschluß“ erstaunlich, der gestern in der Handelskammer präsentiert wurde: Neben dem Präses Hattig und dem Dasa-Geschäftsführer saßen da der Fallturm-Chef Prof. Rath und der OHB-Geschäftsführer Fuchs, beide normalerweise Konkurrenten der bemannten Raumfahrt beim Run auf das knappe Geld. Aber Rath will sich nicht mehr auf die Frage einlassen, ob das Geld nicht effektiver für unbemannte Raumfahrt ausgegeben werden könnte. Auch ihm geht es jetzt ums große Ganze: „Mit einer Entscheidung gegen COF würde besonders die deutsche Industrie, Forschung und Wissenschaft von einem wichtigen Zukunftsbereich abgekoppelt“, sagt er, „aus industrie- und forschungspolitischer Sicht“ sei dies „nicht zu verantworten“.

Auch der OHB-Geschäftsführer Manfred Fuchs („Wir sind Nummer 1 weltweit bei der Satelliten-Technik“) meinte, die Beteiligung an der Raumstation und das heißt: die Bremer Dasa-Systemführerschaft für die COF, sei „für die Zukunft Deutschlands“ wichtig. Bremen sei Deutschlands Raumfahrt-Zentrum, dies ist offenbar das Milieu, das ein mittelständisches Unternehmen wie die OHB braucht.

Etwa ein Zehntel des Umsatzvolumens von Dasa/Erno, versicherte Kind, gehen an Zulieferer, kleinere Firmen in die Region. Ca. 400 der 1200 in der Raumfahrt beschäftigten Mitarbeiter könnten zudem direkt betroffen sein, wenn das COF-Projekt auf französischen Druck gestrichen wird. Es gehe darum, „die Entwicklung der Menschheit im nächsten Jahrtausend aktiv mitzugestalten“ - oder eben nicht. Fragen betriebswirtschaftlicher Rentabilität könne man nur so allgemein stellen, wie dies auch für andere Forschungseinrichtungen möglich sei.

„Selbstverständlich“ müsse sich auch die Raumfahrtindustrie „an betriebswirtschaftlichen Kriterien messen lassen“, formulierte der Handelskammer-Präses Josef Hattig und folgerte: „Wo wären öffentliche Mittel besser investiert als in einem zukunftsorientierten Technologiezweig wie der Raumfahrt?“ Hattig für die Runde: „Wir bitten die politischen Entscheidungsträger in Bonn wie in Bremen, ... die entsprechenden Mittel bereitzustellen.“ Und: „Bremen ist – noch – die Nummer 1 auf diesem Sektor.“ K.W.

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