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SanssouciNachschlag

■ Clubs United – Eine Buskreuzfahrt durch die Nacht

Irgendwie ist es doch immer am schönsten, ...

Es gibt Dinge, und zu denen gehört auch diese Clubs-United- Massenveranstaltung, die man nur aus der Presse kennt. Volle Clubs, zusammenbrechende Bussysteme und verlorene Clubhopper irgendwo in der Pampa. So wurden auch für dieses Jahr wieder über 10.000 Club-Touris erwartet. Doch was sind das nur für Leute, die sich freiwillig einer solchen Aktion aussetzen? Auf keinen Fall die üblichen Partygänger, wie bereits ein Blick rund um den Treffpunkt am Alex zeigte.

Alles fing recht harmlos an. Unsere Route führte zunächst per Bustour A zur „Inair-Soul“-Nacht in den Tränenpalast. Pünktlich um 21.15 Uhr hielt der mäßig volle Bus zwar an der Friedrichstraße, eine Traube von mindestens 500 Menschen vor der geschlossenen Tür ließ jedoch Böses ahnen. „Wir stehen hier schon seit einer halben Stunde, aber die haben die verdammte Tür immer noch nicht aufgeschlossen!“ maulte einer aus den vorderen Reihen. Entgegen allen Ankündigungen sollte die Party erst um 22 Uhr steigen. Was blieb, war warten. Wir tranken unser erstes und, wie sich zeigen sollte, auch gemütlichstes Bier in einem türkischen Imbiß auf der anderen Straßenseite. Leider entfernte sich hier bereits das erste Mitglied der Gruppe: Eine Freundin gab wegen Muschelvergiftung auf und fuhr direkt wieder nach Hause. Um kurz nach zehn hatte sich die Menschenmenge glücklicherweise aufgelöst. Überhaupt war dann alles auf einmal sehr angenehm: Der DJ spielte seine mellow HipHop-Platten, und ein Tanz mit dem wohl attraktivsten Mann in der Stadt machte das Ambiente ganz wunderbar. Bis sich gewaltige Verluste einstellten: Der mitgebrachte Fotograf, dessen Freundin und ein ordentliches Stück Dope waren plötzlich spurlos verschwunden.

Dennoch verpflichtet ein Club-Tour-Ticket natürlich zur Weiterfahrt. Der nächste Stopp war gegen 23.30 Uhr am Delicious Doughnuts. Dort wäre es bestimmt sehr nett geworden, wenn nur nicht so viele Menschen die gleiche Idee gehabt hätten. Tanzen war jedenfalls vollkommen ausgeschlossen. Es herrschte eher eine Atmosphäre wie auf einem Schulausflug oder zur Abiturfeier (die Leute hatten sich zu großen Teilen in entsprechende Schale geschmissen). Immerhin tauchte auch der Kollege mit der Kamera wieder auf, nachdem er beschlossen hatte, die Club-Tour fortan auf dem Motorrad fortzusetzen. Beneidenswert, der Mann. Denn langsam wurde das Busfahren ein wenig anstrengend. Vor allem die Fahrgäste, die wirklich Spaß hatten und lauthals Beatles-Lieder sangen oder sonstwie jubelten.

Ein weiterer mißlicher Umstand bei der Club-United-Planung war die Tatsache, daß die Touren nicht bestimmten musikalischen Vorlieben folgten, sondern nur der Lage der Clubs. Jede Route bot einen unsäglichen Mischmasch aus verschiedensten Musikstilen. Wollte man aber auf seine Kosten kommen und womöglich nur die Black-Music-Lokalitäten aufsuchen, war man gezwungen, sich eine eigene Strecke zurechtzulegen, was unweigerlich in Endlos-Fahrten über den Alexanderplatz ausufern mußte. Nach einem kurzen Abstecher in die Kulturbrauerei, wo man mit uncoolem Metal/Hardcore behelligt wurde, hieß es am Alex also erneut: Umsteigen und ab in die Busroute D. Nächste Ziele waren der Jungle-Rave im Yaam und das Boogaloo.

...wenn man unter sich bleibt: Auf der Jungle-Party im Yaam Fotos: Thomas Seufert/Sequenz

Der Bus glich zu dieser Stunde eher einer Sardinenbüchse, die allgemeine Begeisterung wogte wie ein Sportchor hin und her. Erst die Ankunft im Yaam um 1.30 Uhr brachte Erlösung. Abgesehen von den bekanntlich zähen Bierzapfern dort war dies eindeutig der erfreulichste Stopp, zumal sich die Klientel nicht sonderlich von der an den üblichen Veranstaltungstagen unterschied. Irgendwie ist es doch immer am schönsten, wenn man unter sich bleibt. Selbst der Fotograf hatte sich wieder wohlauf eingefunden. Um 3 Uhr stellte sich eine letzte Frage: Sollte man noch auf einen Absacker ins Boogaloo fahren? – was sich angesichts der sangesfreudigen Busreisenden von allein beantwortete. Eigentlich hatte man eh genug gesehen. Kirsten Niemann

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