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Bogie meets Garbo

■ „Doppeltes Spiel“: Filmzitate als Theater – das neue Stück der TAB-Truppe

Endlich mal wieder Kino. All die ganzen LeinwandheldInnen und Filmmelodien im Schnellverfahren, ohne sich die kompletten Schinken drumherum antun zu müssen. Das Trio des freien Theaters aus Bremen, TAB, das seit fünf Jahren in Bremen und bundesweit ohne feste Bühne tourt, setzte auf diese Nummer und hatte damit in der Premieren-Nacht Erfolg. Die Fangemeinde feierte, was im Programmheft als „Welturaufführung“ angekündigt war und doch nur ein 90-minütiger, bisweilen ermüdender Zitate-Mix blieb.

Die Geschichten in der Geschichte hatten sich ganz dem amüsanten, bisweilen oberflächlichen Kinoklamauk verschrieben. Kinoecht war dabei besonders der Start im Großen Haus der Schauburg: Die Werbung für australisches Foster's, für Chesterfield, Levi's, Flens und Langnese kam authentisch von der Leinwand.

Doch dann setzte die TAB-Dramaturgie ein. Bei der Kinovorführung eines imaginären Streifens namens „Doppeltes Spiel“ ist das Zelluloid im Projektor geschmolzen. Und das gleich zu Beginn. Helga (Gabriele Blum) als vermeintliche Filmvorführerin trat also vor die Leinwand und begann, wo sonst der Film flimmert, überzeugend nervös herumzudrucksen, auf die Uhr zu sehen, sich die Haare zu glätten und eine Inhaltsangabe herunterzubeten des Films, der gerade geschmolzen war. Doch die gespielte Panik währte kurz. Kinofreak Günther (Peter Kaempfe) saß als Retter im Publikum, um der Hilflosen beizustehen. Das Paar des Abends für cineastische Dialoge war gefunden. Aus dem „Doppelten Spiel“ wurde „Eine Nacht in den Filmen“.

Beeindruckend dabei, mit welchem Minimum an Requisite und Kostümen das Duo bei der Verwandlungsschau auskam. Da gab sich Günther mit einer Stimme mit Marlon Brando-Timbre als wild gestikulierender „Pate“ und Trenchcoat-gestylter „Casablanca“-Bogie. Zusammengeschnürte Telefonbücher mußten in einer Szene aus „Der dritte Mann“ als Zither herhalten. Helga kopierte mit geschürztem Rock und wechselndem Erfolg die Garbo, Monroe und Bergmann. In erster Linie ging es um den Wiedererkennungswer. Ein non-stop-Unterhaltungsprogramm. Es wurde viel gelacht.

Anerkennung, daß die TAB-Leute bei diesem Tempo nicht selbst schlappgemacht haben. Zumal ihnen das Buch noch eine zweite Handlungsebene aufbrummt. Die beiden Singles, die bis dahin nur fürs Kino und sonst gar nichts gelebt haben, mußten sich zuguterletzt während ihrer schauspielerischen Zitatenkür auch noch ineinander vergucken.

Hier allerdings wäre die einzige Chance für ein tatsächlich „Doppeltes Spiel“ zwischen Hollywood und TAB gewesen. Doch sobald es zwischen den beiden in dieser zweiten Handlungsebene knisterte, hieß es: „Schnitt“. Schade. So werden die ZuschauerInnen niemals erfahren, ob Günther seiner Helga ebenfalls ins Ohr geschmachtet hätte: „Schau mir in die Augen, Kleines!“ Sabine Komm

Weitere Aufführungen: 29. und 31. 10., 20 Uhr, in der Schauburg

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