: Koalition blufft bei Autoabgaben mit Öko-Appeal
■ FDP will Benzinpreiserhöhung, Union will Kfz-Steuer ökologisch umbauen
Berlin (taz) – Plötzlich ist die Öko-Steuer-Debatte in der Regierungskoalition voll entbrannt – oder besser gesagt: Geschickt erwecken die Koalitionsfraktionen diesen Eindruck. Die FDP schlägt die Abschaffung der Kfz-Steuer vor und will dafür die Mineralölsteuer erhöhen. Mit dieser Erhöhung des Spritpreises um rund 20 Pfennig je Liter sollen Wenig-FahrerInnen belohnt und Viel-FahrerInnen bestraft werden. Das Steuersystem würde vereinfacht, 3.000 FinanzbeamtInnen könnten anderen Aufgaben nachgehen, und gleichzeitig würde der Verkauf verbrauchsarmer Fahrzeuge steuerlich unterstützt, so die FDP. Die Union dagegen will die Kfz-Steuer beibehalten, aber ökologisch umbauen. Wer ein schadstoffarmes Fahrzeug sein eigen nennt, soll weniger Kfz-Steuer bezahlen als die BesitzerInnen von Gift- und Rußschleudern.
Doch spielen beide Seiten mit falschen Karten. Die Union tut so, als hätte sie etwas völlig Neues erfunden. Dabei wird die Kfz-Steuer bereits seit Jahren nicht mehr allein nach dem Hubraum berechnet. Schon heute zahlt man für ein Kat-Fahrzeug rund 40 Prozent weniger Kfz-Steuer als für einen Wagen ohne Abgasreduktion. Beim jetzt geplanten Umbau der Kfz- Steuer sollen die Steuervorteile lediglich an die ab 1996 geltende Verschärfung der EG-Abgas-Vorschriften angepaßt werden. Doch nach Informationen des Kraftfahrbundesamtes halten schon heute 96 Prozent aller neuzugelassenen Fahrzeuge die ab Neujahr gültige Euro-2-Norm ein. Wer jedoch mit der bisherigen Steuerspreizung nicht auf ein schadstoffarmes Auto umgestiegen ist, wird es wohl auch mit den neuen Sätzen nicht tun. Nach Ansicht von Karl-Otto Schallaböck vom Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt und Energie sind die diskutierten Steuerunterschiede nach wie vor„so gering, daß ein Lenkungseffekt nicht zu erwarten ist“.
Aber auch die FDP verspricht mehr, als sie halten kann. Eine Abschaffung der Kfz-Steuer wäre nämlich nur für Pkw und nicht für Lkw möglich, weil seit Sommer 1993 eine EG-Richtlinie eine Mindest-Kfz-Steuer für Laster vorsieht. Außerdem kommt die Kfz- Steuer bisher ausschließlich den Ländern zugute, während die Mineralölsteuer eine reine Bundes- steuer ist. Klar, daß die Länder nicht ersatzlos auf jährlich 11,5 Milliarden Mark verzichten. Sie müßten an anderen Steuern beteiligt werden, was aber zähe Verhandlungen voraussetzt. Und selbst auf seiten von UmweltschützerInnen stößt der FDP-Vorschlag auf Kritik. Schallaböck etwa will unbedingt die Besteuerung des „ruhenden Verkehrs“ beibehalten. „Auch ein Auto, das nur steht, belastet die Umwelt, wenn es versiegelten Parkraum benötigt oder Öl verliert.“ Die Diskussion eines umfassenden Öko-Steuerpaketes haben FDP und Union derweil erfolgreich von der Tagesordnung verdrängt. Christian Rath
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen