Atomtest bringt Ärger mit Russen und EU

■ Streitkräfte sollen Greenpeace-Aktivisten mißhandelt haben. Pazifik-Staaten sind wütend und erwägen, Frankreich von Regionalkonferenz auszuladen

Berlin (AFP/dpa/taz) – Neuer Ärger wegen der Atomtests: Das russische Außenministerium hat die Äußerungen des französischen Präsidenten Jacques Chirac über die russische Gefahr als „zumindest merkwürdig“ bezeichnet. Frankreich versuche seine Atomtests durch Mutmaßungen über Unsicherheiten der Entwicklung in Rußland zu rechtfertigen, sagte Außenamtssprecher Grigori Karassin in Moskau. Die Regierung in London trat erstmals für einen völligen Verzicht auf alle Atomtests – auch die kleinsten – ein.

In Brüssel teilte die EU-Kommission mit, man warte weiter auf die von Präsident Jacques Chirac versprochenen Informationen über die Folgen der Atomtests für die geologische Stabilität der Inselatolle. Ein dreiköpfiges Expertenteam der Kommission wird morgen in den Südpazifik aufbrechen, um die von den französischen Behörden getroffenen Sicherheitsvorkehrungen bei den Atomtests zu überprüfen. Die französische Regierung habe den drei Experten die Genehmigung erteilt, auch auf den militärischen Testgelände von Moruroa und Fangataufa Messungen anzustellen. Die Mission werde zwei Wochen lang dauern.

Vorwürfe des Greenpeace-Aktivisten Matthew Whitting über ein brutales Vorgehen bei seiner Festnahme Anfang September auf dem Moruroa-Atoll haben die französischen Streitkräfte bestritten. Whitting, der 1982 und 1983 in einer Strafeinheit der Fremdenlegion auf Moruroa gewesen war, war gemeinsam mit einem weiteren Greenpeace-Aktivisten am 5. September mit einem Schlauchboot auf Moruroa gelandet und gefaßt worden. Whitting sagte, er sei von französischen Fallschirmjägern zusammengeschlagen und mit dem Tod bedroht worden. Die Streitkräfte behaupten, Whitting habe fliehen wollen und sich dabei selbst an Arm und Bein verletzt. Anschließend habe er sich ohne Widerstand festnehmen lassen.

Für das Fremdenverkehrsgewerbe in Französisch-Polynesien haben sich die Atomtests und die jüngsten Ausschreitungen in der Inselhauptstadt Papeete nach eigenen Angaben in schweren Einnahmeverlusten niedergeschlagen. In nur sieben Tagen seit dem Test seien 26.000 Buchungen rückgängig gemacht worden, teilte der lokale Hotelverband mit. Damit habe etwa die Hälfte der Urlauber, die in den nächsten zwei bis drei Monaten vor allem aus Japan, aber auch aus Deutschland nach Tahiti kommen wollten, abgesagt, sagte der Sprecher des Verbandes, Jean- Jacques Teboul. Sprecher der Opposition in Papeete wollten weitere gewaltsame Demonstration nach den nächsten Tests nicht aussschließen.

Die 16 Mitgliedsstaaten des Südpazifik-Forums bekräftigten gestern in Madang in Papua-Neuguinea ihre Kritik an der Wiederaufnahme der französischen Atomtests. Sollte Paris die Tests fortführen, müsse der Status Frankreichs als Dialogpartner des Südpazifik-Forums überdacht werden. Trotz der „Wut“ über die die französischen Atomtests stimmten die Mitgliedsstaaten des Südpazifik-Forums jedoch einem Treffen mit Fankreichs Entwicklungshilfeminister Jacques Godfrain in Port Moresby zu. Der Präsident von Nauru, Bernard Dowiyogo, erklärte, die Mehrheit der 16 Teilnehmer hätte Frankreich umgehend von den Gesprächen mit den Partnerländern ausladen wollen. Sie hätten aber einem Treffen mit Frankreich zugestimmt, um einen Konsens zu erreichen.