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: Gebremste Rampensau

Tatort – „Der König kehrt zurück“, Sonntag, 20.15 Uhr, ARD

Die Geschichte war reinste pulp fiction: Ex-Gangsterboß bricht aus dem Knast aus, um sich den neuen Platzhirsch in seinem alten Revier vorzunehmen. Tausendmal erzählt, hundertmal gesehen. Aber jetzt spielte Manne Krug mit. Herr Krug ist, wir wissen es längst, eine dominante Schauspielerpersönlichkeit. Egal, ob Liebling Kreuzberg oder Kommissar Stöver, Krug bleibt Krug und ist immer Rampensau – nur diesmal nicht.

Diesmal mußte er dezent zurücktreten und wurde, fast unauffällig, von Gottfried John an die Wand gespielt. Johns Darstellung des magenkranken Kiezkönigs Harry Mucher war schlicht beeindruckend – und das, obwohl den Drehbuchschreibern die Figur fast in der Hamburger Kiezromantik ersoffen wäre („Früher war alles besser“). Heute regiert Brutalität im Rotlichtviertel, die Sexshops haben Supermarkt-Dimensionen, und die Mobster nicht nur ein, sondern zwei Handys. Der alte „König“ dagegen war ein prima Kumpel, und er ging nach einem Raubüberfall mit Todesfolge in den Knast, ohne seine Kumpane zu verraten. Da hockt er dann in seiner ehrlichen Haut, ohne seinen Nachfolger zu kennen und ohne Besuch seiner kriminellen Freunde. Unwahrscheinlich.

Nach 16 Jahren bricht er aus, weil er Magenschmerzen hat, und prompt wollen ihn alle umlegen. Lächerlich. Und doch schafft es John (der übrigens auch im neuen James Bond den Bösewicht spielt) mit seinem ruhigen, intensiven Spiel, diese Figur lebendig werden zu lassen. Man schaut zu, hört hin und stört sich nicht daran, daß Stöver und Brockmöller diesmal nur dazu dienen, die düstere Angelegenheit etwas aufzulockern. Die Dialoge der beiden haben schon fast Tarantino-Qualität, etwa wenn sie sich darüber unterhalten, ob bei einer Kreuzfahrt eine Kabine über oder unter der Wasserlinie vorzuziehen sei und Stöver dann mit Hinweis auf die Kosten die Kabbelei mit „Na ja, spinnen kost' nix“ beendet.

Als er vom Bösewicht mit der Waffe bedroht wird, fällt dem Kommissar dazu ein: „Vollidiot, der Mucher. Ist mir unsympathisch.“ Was für ein Unterschied zu dem drögen, politisch überkorrekten Markowitz aus Berlin. Aber Günter Lamprecht darf seine „Tatorte“ ja auch selber schreiben. Wollen wir hoffen, daß niemand im NDR auf die Idee kommt, das Manfred Krug anzubieten. Karl Winter