: Lieber offene Kinderpsychiatrie
■ Tagesklinik im ZKH Ost für Kinder mit psychischen Problemen eröffnet
Mit der neuen Tagesklinik für Kinder mit psychischen Problemen sei ein vorbildliches Therapiemodell geschaffen worden. So unbescheiden beurteilt der Pflegedienstleiter Jörg Hartmann die neue Klinik in „seinem“ Krankenhauses ZKH Bremen Ost. „Hier ist es möglich, den Kindern eine möglichst offene Form therapeutischer und pädagogischer Hilfen zu geben.“ Offen und hell, so wirkt die Klinik in dem einzeln stehenden Haus im Park des Krankenhauses. Einen großen, hellen Saal gibt es da, Gesprächs-, Spiel- und Ruheräume. Eine beweglichen Plastik von Gustav Tilmann empfängt im Eingangsbereich die BesucherInnen mit freundlichen Farben.
Fünfzig Betten für Kinder zwischen 6 und 14 Jahren gibt es im ZKH Ost, der einzigen Kinder- und Jugendpsychiatrie in Bremen. Zusätzlich acht Kinder im Alter von sechs bis vierzehn Jahren werden nun unter anderem von einem Arzt, einem Psychologen und einer Sozialpädagogin in der Tagesklinik betreut. Nicht nur Kinder aus sogenannnten Problemfamilien, sondern auch aus der „Durschnittsfamilie“ kommen in diese Tagesklinik, die Probleme vieler Erwachsener wie Leistungsansprüche, Streß, Drogensucht oder Gewalt in der Familie machen Kinder körperlich und psychisch krank. Sind die Eltern zum Dialog mit ÄrztInnen und TherapeutiInnen bereit, werden Kinder, die soziale Kontaktprobleme haben, die sich falsch bewegen, weil sie zum Beispiel eingeschüchtert sind oder die gewalttätig sind, in der Tagesklinik aufgenommen. Daß die Kinder nur tagsüber in der Klinik sind und weiter viele Außenkontakte pflegen könnten, sei ein großer Vorteil gegenüber der stationären Behandlung, betont Arnold Richard, der Arzt: „Die Tagesklinik ist das Antimodell zur stationären Klinik, weil sie die Angehörigen miteinbezieht.“
Modellhaft ist auch, daß Arzt und Pflegeleitung die Klinik paritätisch verantworten. Damit wird wenigstens teilweise die Krankenhaushierarchie aufgebrochen.
Die Tagesklinik, meinte Gesundheits-Staatsrat Hans-Christoph Hoppensack, sei für die Psychatrien ein Weg „in die Normalität“; früher wurden die Menschen wegsperrt in geschlossene Stationen wie Blankenburg. „Was noch in Blankenburg möglich war, ist heute nicht mehr denkbar.“
Bundesweit sind nur vier Prozent der bundesdeutschen psychatrischen Einrichungen für Kinder als Tagesklinik konzipiert. Für rund 40 Prozent der PatientInnen der Kinderpsychiatrie wäre eine Tagesklinik angemessen, meinte Pflegedirektorin Birgit Müller. In Bremen liegt der Anteil nun mit der neuen Einrichtun über den 4 Prozent, aber die 40 Prozent sind längst noch nicht erreicht. ugs
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