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Bremen, „Medienstandort“ ohne Moos

■ Draußen gelobt, in Bremen ungeliebt: Filmschaffende werden durch die Demontage der Filmförderung aus der Stadt vertrieben

Am 19. Oktober hat in der „Schauburg“ Rolf Wolles neues Filmprojekt Premiere: Der Bremer Produzent und Regisseur dreht „Die Geschichte des SV Werder Bremen in Geschichten“, ein Dokumentarfilmprojekt mit einem Budget von einer halben Million Mark (vgl. taz vom 7.8.). Obwohl Wolle in Bremen kein Unbekannter ist und zuletzt mit seinem Dokumentarfilm über das ehemalige Varieté, „Astoria“, großen Publikumserfolg hatte, muß er auch das Werder-Projekt – Bremen-Bezug und Publikumswirksamkeit sind überdeutlich – selbst finanzieren. Von der Stadt gibt's keine müde Mark.

Kein Einzelfall. Der Mangel hat System – und einen Namen: Bremer Filmpolitik. Denn die Stadt will keine Mark zuviel ausgeben für den Film. Außer in den Jahren 1991 - 93, als immerhin eine Summe von zweimal 100.000 und, im letzten Jahr, 250.000 Mark zur Verfügung stand. 12 Millionen Mark hatte der Senat im Oktober 1990 zugesagt. Seit Ablauf dieser „Modellphase“ sind die Quellen versiegt. Mit Bremens Filmschaffenden und vor allem dem Filmnachwuchs könnte es bald ähnlich bestellt sein: Kreatives Potential wird nach Hamburg oder Berlin abwandern müssen, die Filmklasse der Hochschule für Künste droht nach der Pensionierung von Prof. Dahlmann auszutrocknen. Und: Filmprojekte mit Bremen-Bezug werden in Hamburg oder Niedersachsen naheliegenderweise nicht gefördert. Das heißt, die filmische Infrastruktur des Landes Bremen (soweit vorhanden) wird nicht genutzt, wenn für Filmprojekte in Bremen kein Geld ausgegeben wird. Was wiederum bedeutet, daß es auch keine spürbaren wirtschaftlichen Effekte geben wird.

Nicht zu vergessen, daß Bremen – als einziges Bundesland ohne Filmförderung – vom bundesweiten Förderverbund ausgeschlossen bleibt. Der Verbund sieht vor, daß ein von einem Bundesland gefördertes Filmprojekt ohne aufwendige bürokratische Hürden auch von einem zweiten und dritten Bundesland mitfördert werden kann. Daß von dem Förderverbund rege Gebrauch gemacht wird, ist dem Nachspann deutscher Filmproduktionen der letzten Jahre deutlich zu entnehmen. Schließlich wurden die Fördergelder für Stoffentwicklung (Drehbuch- und Produktionsvorbereitung), 118.000 Mark, einfach in den Sand gesetzt – denn um die entwickelten Bücher auch zu verfilmen, fehlte plötzlich das Geld.

Seit Ablauf der Modellphase der Bremer kulturellen Filmförderung 1993 schreibt Ruth Stegemann vom Filmbüro Bremen im Medienzentrum Walle Absagen an die AntragstellerInnen. Und zitiert die damalige Kultursenatorin Helga Trüpel, unter deren Ägide die Sondermittel zur Verfügung gestellt wurden. „Die Projekte, die gefördert wurden, haben eine solche Qualität gehabt, daß eine weitere Förderung für den Medienstandort Bremen sinnvoll ist“, beantwortete Trüpel eine Anfrage vom 27.4.94. Immerhin.

Ob die Botschaft bei der neuen Senatorin Bringfriede Kahrs angekommen ist? Bislang hat man sich im Kulturressort mit dem Thema Filmförderung noch nicht beschäftigt. „Interesse haben wir für vieles“, verlautet aus der Behörde, „aber wir können keine Aussage dazu machen, ob wir verstärktes Interesse dafür haben.“ Die Haushaltsverhandlungen im Oktober werden zeigen, ob es bei diesen dürren Worten bleibt.

Eine knappe Million (980.000 Mark) steht jährlich für das Medienzentrum Walle zur Verfügung. 460.000 davon – genau die Summe, die für die Filmförderung ausgegeben wurde – schluckt die Verwaltung, 110.000 das Filmbüro und 380.000 bleiben fürs Kino 46. Der Finanzsenator sieht zehnprozentige Kürzungen in allen Ressorts vor – auch an der Kultur geht der Kelch nicht vorbei. Wer wird der nächste sein, wenn es ans Sparen geht, zumal dann, wenn entgegen aller Erwartung doch noch Geld – von der Fördermillion – für die kulturelle Filmförderung abgezweigt würde? Kein Wunder, daß man etwa im Kommunalkino von dieser Alternative nicht allzu begeistert ist.

Das Medienzentrum unterstützt FilmemacherInnen in Naturalien: Hier können sie ihr Material an von Radio Bremen ausgemusterten Schnittplätzen montieren. Was nützt allerdings das schönste Medienzentrum, wenn es nicht ausgelastet ist? Schnittplätze bietet man auf Anfrage auch im Bremer Institut Film/Fernsehen (BIFF). Bloß: „Wozu teure Studienplätze für Filmstudenten, wenn dann kein Geld für weitere Förderung da ist“, sagt Elke Peters vom BIFF. Das BIFF habe „in vier Jahren aus bundesweiten Fördertöpfen für 40 Projekte über fünf Millionen Mark Fördergelder acquiriert“; aus Bremen kamen dabei nur 50.000 Mark.

Henning Scherf hatte sich seinerzeit als Bildungssenator stark gemacht für die Schaffung eines Medieninstituts, um Bremens Filmkultur zu beleben. Heute, als Bürgermeister, ist es still geworden um sein Engagement in Sachen Film. Das BIFF, 1989 als Forschungsinstitut der Universität Bremen gegründet, versteht sich als Vermittlungsinstanz zwischen illusionsreichen, motivierten FilmabsolventInnen und der Branche. Und natürlich als Produktionsgesellschaft, die sich nach Fördergremien umsieht.

„Das Potential an Filmemachern ist da in Bremen“, sagt Elke Peters. Nicht nur Rolf Wolle ist da zu nennen. Da gibt es Ayhan Salar, dessen „Totentraum“ noch aus Bremer Mitteln gefördert wurde und, mit dem Prädikat „Besonders wertvoll“ ausgezeichnet, auf der diesjährigen Berlinale uraufgeführt wurde. Oder Inge Buck, Barbara Debus und Konstanze Radziwill, die mit ihrer Dokumentation „Warum starb Nirmala Ataie“ mit dem Robert-Geisendörfer-Preis 1995 geehrt wurden.

Ein Blick über den Tellerrand: Hamburg hat jüngst seine kulturelle Filmförderung mit dem Filmfonds Hamburg, der Wirtschaftsförderung, zu einem Gremium verschmolzen. Für die neugeschaffene Filmförderung Hamburg GmbH stehen 18 Millionen Mark bereit. Die berühmt-berüchtigten „Synergieeffekte“ verspricht man sich an der Alster dadurch und läßt sich gerade das Filmfest Hamburg viel Geld kosten. Und sogar das marode Saarland hat für die Filmkunst 650.000 Mark übrig.

Für das Bremer Filmfest – immerhin das Forum für Bremer Filmemacher – waren im ersten Jahr 25.000, im zweiten 50.000 Mark aus einem „Sonderfonds“ da. Im dritten Jahr, 1996? Das steht in den Sternen. Aber immerhin: In Oldenburg gab's gar nichts von der Stadt fürs Filmfest. Und ein bißchen Glanz fällt trotzdem auf die Stadt. Vielleicht hat man diesen Gedanken in Bremen gerne übernommen.

Alexander Musik

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