: Greenpeace: Mann über Bord
■ Weil er Kritik an den KollegInnen öffentlich machte, muß der Greenpeace-Koordinator der Anti-Atom- Kampagne im Pazifik sein Amt niederlegen. Greenpeace-Chef Bode kündigt „rigorose Untersuchung“ an
Berlin (taz) – Die französischen Atomtests fordern ein erstes Opfer – bei Greenpeace. Der Leiter der Moruroa-Kampagne, Ulrich Jürgens, hat am Freitag seinen Posten geräumt. „Wegen fundamentaler Meinungsverschiedenheiten“ mit dem neuen Chef von Greenpeace International, Thilo Bode, sei der 42jährige aus dem Amt geschieden – so die vorsichtige Formulierung von Richard Titchen, einem der Direktoren von Greenpeace International. Unter der Hand reden Greenpeace-InsiderInnen von Rausschmiß.
Jürgens Vergehen: Er hat gegenüber der Presse allzu deutlich Kritik an seinen eigenen MitstreiterInnen geübt. Daß die beiden großen Greenpeace-Schiffe Rainbow Warrior II und MV Greenpeace bei der ersten Aktion gegen die Atomtests auf Moruroa gleich verlorengingen, sei die Folge einer klaren Befehlsverweigerung der AktivstInnen auf den Booten gewesen. Und Jürgens machte auch die Namen der Schuldigen publik, vor allem den der Campaignerin an Bord der Rainbow Warrior II, Stephanie Mills.
Da Jürgens bei einem Gespräch mit Bode offenbar nicht bereit war, sich dessen Anweisungen zu unterwerfen, blieb ihm nichts anderes, als den Hut zu nehmen. Er war gestern nicht zu sprechen. Auf die Pannen bei der Kampagne gegen die Atomtests reagiert Greenpeace offenbar mit ungewohnter Nervosität. Bode hat eine „rigorose Untersuchung“ der Vorfälle, die zum Verlust der beiden Schiffe führten, angeordnet.
Der Vertrag von Stephanie Mills als Moruroa-Campaignerin wird nicht verlängert. Titchen begründet das allerdings damit, daß Mills mit einem Verbot belegt wurde, polynesischen Boden zu betreten. Sie werde aber weiter für Greenpeace arbeiten. Daß die Hubschrauberpilotin Paula Huckleberry gehen müsse, wies Titchen als unsinniges Gerücht zurück.
Zwei Greenpeaceler konnten am Donnerstag offenbar in die Lagune des zweiten Atomtest-Atolls, Fangataufa, vordringen, wo die nächste Atomexpolosion vermutet wird. Thomas Schultz-Jagow, der Anti- Atom-Kampagnen-Leiter von Greenpeace International, gab zu, daß die „Expedition“ allenfalls symbolischen Charakter hatte. Mehr könne man nach dem Verlust der Schiffe einfach nicht mehr tun. Laut Direktor Titchen wird Greenpeace seine Aktionen künftig wieder stärker in die verschiedenen Länder verlegen. Nicola Liebert Tagesthema Seite 3
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