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Millionäre in Lumpen horten ihre Francs im Strumpf

■ Geldgeile Revolutionäre haben Franzosen gelehrt, ihren Reichtum zu verstecken

Die Zeiten, da die Höhe der Steuern nach Anzahl und Größe der Fenster festgelegt wurde, sind in Frankreich vorbei. Auch die „äußeren Zeichen des Reichtums“ macht der Fiskus seit einigen Jahren nicht mehr zur Grundlage seiner Geldforderungen. Doch das Mißtrauen derjenigen Franzosen, die wirklich etwas haben, ist geblieben; die historische Erfahrung der Geldgier von Revolutionären und Steuereintreibern hat sie gelehrt, ihren Reichtum zu verstecken.

Die Möglichkeiten dazu sind ebenso vielfältig wie alt – sie reichen vom Strumpf unter der Matratze bis hin zu mit Decken verhängten Louisquinze-Möbeln. Beide werden oft erst nach dem Ableben der Besitzer sichtbar. Während sie zuvor ein Leben lang in des Franzosen liebstem Investitionsobjekt verborgen waren: dem Zweitwohnsitz auf dem Lande.

Am Anfang dieses Immobilienbesitzes steht oft eine Erbschaft oder eine ganz besonders günstige Gelegenheit zum Kauf. Doch mit den Jahren werden diese Schnäppchen – ganz egal, ob es sich um alte Burgen und Schlösser oder um brüchige Lauben handelt – immer teurer. Schließlich wollen sich die Besitzer der allwochenendlich im Stau angestrebten Fluchtpunkte nicht lumpen lassen.

Beinahe jeder Franzose weiß von einer alten Dame zu berichten, die „sehr reich“ ist und irgendwo in einem kleinen Häuschen lebt. „Ganz bescheiden“, versteht sich, ohne Weltreisen, teures Essen und schicke Kleidung. Und die ihr ganzes Geld für die Nachfahren angelegt hat – der Erzählung zufolge in der Regel in Häusern und Wohnungen. Wieviele solcher Millionäre in Lumpen es tatsächlich gibt, ist ein Geheimnis. Einziger Gradmesser für die Höhe des Vermögens sind die Steuern, und da versucht auch in Frankreich ein jeder, sie so niedrig zu halten wie nur irgend möglich. Zudem ist die „Steuer auf große Vermögen“, die die Sozialisten 1982 eingeführt hatten, bereits 1986 wieder von einer konservativen Regierung abgeschafft worden. Seither gibt es nur Schätzungen. So verfügten nach Ansicht der Finanzbehörden im Jahr 1990 die 2.200 reichsten Haushalte des Landes über je 116 Millionen Francs (das sind umgerechnet 35 Millionen Mark).

In amerikanischen Dollar ausgedrückt wirkt die Zahl der ganz Reichen im Lande jedoch eher klein. Nach einer Umfrage der Zeitschrift Forbes zählte Frankreich im Jahr 1994 neun Dollar- Milliardäre – im Vergleich zu 108 in den USA und immerhin 48 in Deutschland. Dieselbe Zeitschrift ermittelt alljährlich auch die größten Vermögen zahlreicher Länder und ihren Hauptverwendungszweck. 1994 hatte laut Forbes Liliane Bettencourt, die Erbin des Kosmetikkonzerns L'Oréal, mit 4,2 Milliarden Dollar das größte Vermögen Frankreichs. Gefolgt von Elektronikherstellern, Supermarktketten und Banken.

Wieviel Francs die Milliardär- Hitlistenanführer ihrerseits in den Strumpf gesteckt oder sicherheitshalber gleich auf Auslandskonten transferiert haben, enthüllt Forbes freilich nicht. Dorothea Hahn, Paris

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