■ Schnittplatz
: „Falsche Akzente“? Aus für Alan Bangs!

Rockjournalismus hat keine Zukunft mehr im ARD-Radio, so scheint's. Jetzt hat die Musikredaktion des neuen WDR-Jugendradios auch das letzte Aushängeschild rausgeworfen: Alan Bangs mußte gehen. Es war nichts anders zu erwarten. Im Zusammenhang mit einer rüden Reform hatte der Sender im Frühjahr alle Genre- Musik-Sendungen auf WDR 1 komplett aufgegeben, weil sie angeblich kaum noch Hörer vor das Radio locken konnten. Lediglich Alan Bangs (44) – mit seinem BFBS-„Nightflight“ lange vor den „Rockpalast-Nächten“ Kultmoderator in NRW – durfte zunächst noch seine Nightshow am Wochenende behalten. Aber eingeklemmt zwischen einer ganz anderen Musikfarbe, zog auch er als letzter Veteran einer anderen Epoche kaum mehr als 50.000 HörerInnen an die Lautsprecher. Zwar wäre der 1. FC Köln froh, wenn das Stadion Woche für Woche so voll wäre – den Betreibern des neuen Jugenddudelfunks „Eins live“ reichte das aber nicht.

Mehr und mehr verzichtet man bei der konsequent auf ein Teeny- Publikum zugeschnittenen Welle auf geschmackbildenden Rockjournalismus, auf journalistische Persönlichkeiten, die wie Barbara Gansauge, Karl Lippegaus oder Francis Gay unbekannte Gruppen präsentierten, mit Genre-Kenntnissen neue Trends analysieren konnten, die wie Bangs oder Lippegaus auch schon mal Querverbindungen zwischen neuer Rockmusik und Paolo Conte zu ziehen wußten.

Statt dessen serviert „Eins Live“ nun auf dem Bangs-Sendeplatz „Heimatkult“ deutschen Pop und Rock, vornehmlich aus NRW. Die Provinz feiert fröhliche Urständ'. Wann begreift man bei der ARD eigentlich, daß Rockmusik einen ebensolchen kulturellen Stellenwert hat wie ernste Musik in den vielen Klassik-Wellen?

„Alan Bangs hat die falschen Akzente gesetzt,“ erklärte „Eins- live“-Musikchef Jochen Rausch zu der abrupten Kündigung. „Ich glaube nicht, daß Jacques Brel für ein Publikum unter 30 geeignet ist. Wir können das Spektrum nicht zu breit werden lassen.“ Versteht sich, wenn man so schmalspurig denkt.boff